Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung
Erschöpft sich die unternehmerische Entscheidung im Wesentlichen darin, Personal einzusparen, so ist sie vom Kündigungsentschluss selbst kaum zu unterscheiden. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Nur so kann das Gericht prüfen, ob die Kündigung missbräuchlich ausgesprochen worden ist.
Ein heute 61-jähriger Mitarbeiter ist seit Juni 2021 als Hausmeister bei einem Hotelbetreiber beschäftigt. Die Arbeitgeberin betreibt mehrere Hotels. Am 01.07.2023 fand ein Betriebsübergang statt. Der Mitarbeiter war als einziger Hausmeister in der Betriebsstätte beschäftigt. Mit Schreiben vom 11.10.2023 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 15.11.2023 mit der Begründung, der Arbeitsplatz sei aus Kostengründen gestrichen und die bisherigen Aufgaben des Hausmeisters seien auf andere Arbeitnehmer umverteilt worden.
Der Mitarbeiter erhob Kündigungsschutzklage und verlangte seine Weiterbeschäftigung als Hausmeister. Er stellte die soziale Rechtfertigung der Kündigung in Abrede, ebenso ein dringendes betriebliches Erfordernis. Des Weiteren rügte er die durchgeführte Sozialauswahl. Das Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung zur Reduzierung der Kosten, insbesondere der Personalkosten, sowie die unternehmerische Entscheidung hinsichtlich des betroffenen Arbeitsplatzes des Mitarbeiters wurden bestritten. Es fehle an einem betriebsbedingten Kündigungsgrund, da die von dem Mitarbeiter bisher ausgeübten Arbeiten nicht umverteilt werden könnten, ohne dass andere Arbeitnehmer zu überobligatorischer Mehrarbeit gezwungen würden.
Das Arbeitsgericht gab der Klage vollumfänglich statt.
Die ordentliche betriebsbedingte Kündigung war rechtsunwirksam, da sie sozial ungerechtfertigt war (§ 1 Kündigungsschutzgesetz – KSchG). Der Mitarbeiter konnte folglich seine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu den bisherigen Bedingungen als Hausmeister verlangen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die soziale Rechtfertigung einer ordentlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung waren hier nicht erfüllt. Es fehlte an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG. Die außer- und innerbetrieblichen Umstände hatten hier nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs geführt (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 23.02.2012, Az. 2 AZR 548/10).
Erschöpft sich die unternehmerische Entscheidung – wie hier – im Wesentlichen darin, Personal einzusparen, so ist sie vom Kündigungsentschluss selbst kaum zu unterscheiden. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Nur so kann das Gericht prüfen, ob die Kündigung missbräuchlich ausgesprochen worden ist. Das wäre etwa der Fall, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führt oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv abgestimmt bestehen oder etwa nur Inhalt des Arbeitsvertrages als zu belastend angesehen wird. Der Arbeitgeber muss deshalb konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose konkrete darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, d.h. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, erledigt werden können.
Die Arbeitgeberin hatte hier noch nicht einmal substantiiert dargelegt, mit welchen Zeitanteilen der Mitarbeiter seine Aufgaben wahrgenommen hat. Der Vortrag hierzu war viel zu pauschal und für das Gericht nicht nachprüfbar. Auch fehlte es an substantiiertem Vortrag, welche der bisherigen Aufgaben von anderen Arbeitnehmern in welchem Umfang übernommen wurden. Hierfür hätte das Arbeitsvolumen der bisherigen Mitarbeiter dargestellt werden müssen, um zu prüfen, ob die anfallenden Arbeiten von diesem Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden könnten. Die Arbeitgeberin hatte entweder gar nichts dazu vorgetragen oder nur pauschal behauptet, die Tätigkeiten seien von den übrigen Mitarbeitern ohne obligatorischen Arbeit zu erledigen gewesen. Die Arbeigeberin hatte weder entsprechende Arbeitsverträge der Mitarbeiter vorgelegt noch dazu nähere Ausführungen getätigt.
Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 23.04.2024
Aktenzeichen: 6 Ca 40/24