Vereinbarung über Ruhegeld ist auch bei auffälligem Leistungsmissverhältnis nicht zwangsläufig nichtig
Am 21.11.2000 hatten die Parteien eine Vereinbarung zur Altersversorgung getroffen. Gem. § 5 beträgt das Ruhegeld des Klägers danach 10% der rentenfähigen Bezüge gem. § 6 zzgl. 2,5% der rentenfähigen Bezüge für jedes nach dem 01.07.1981 geleistete volle Jahr der Firmenzugehörigkeit bis zum Höchstbetrag von insgesamt 56% der rentenfähigen Bezüge. Das Arbeitsverhältnis endete nach zwei ordentlichen Kündigungen sowie einer außerordentlichen und fristlosen Kündigung durch einen arbeitsgerichtlichen Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht Hamm vom 23.07.2008. In diesem hieß es in Ziffer 6:
„§ 5 Abs. 1 des zwischen den Parteien unter dem 21.11.2000 geschlossenen Vertrages wird insoweit geändert, dass für die Zeit bis zur Vollendung des 63. Lebensjahrs des Klägers der anzuwendende Prozentsatz 42,233% statt 56% beträgt. Damit beträgt die Höhe des als Übergangsgeld geschuldeten Ruhegeldes 7.000 EUR brutto ab dem 01.01.2008. Ab Vollendung des 63. Lebensjahres entfällt die Absenkung des Prozentsatzes des Ruhegeldes.“
Das Arbeitsgericht gab der auf Zahlung und Weiterzahlung des Ruhegeldes gerichteten Klage vollumfänglich statt.
Entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitgebers war die Vereinbarung der Parteien über eine betriebliche Altersvorsorge des Klägers nicht nichtig. Die Unwirksamkeit der Vereinbarung ergab sich nicht aus § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 266 Strafgesetzbuch (StGB). Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, dass gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wenn sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Erforderlich war somit für die Feststellung der Nichtigkeit, dass vorliegend auch der Kläger Untreue gegenüber dem Arbeitgeber bezweckte. Daran fehlte es vorliegend allerdings.
Für eine vorsätzliche Verletzung seiner gegenüber dem Arbeitgeber bestehenden Vermögensbetreuungspflicht muss der Täter die rechtlichen Wertungen in seiner Laiensphäre nachvollzogen haben und hierbei Verletzungen zumindest billigend in Kauf genommen haben. Bloß weil der Täter alle Umstände kennt, muss er sie noch lange nicht zutreffend rechtlich bewerten. Wer von der Rechtmäßigkeit seines Handelns ausgeht, handelt, auch im Fall grob fahrlässiger Fehlbeurteilung, nicht vorsätzlich. So stellte es sich vorliegend dar, wobei offenbleiben konnte, ob es sich um einen Fall grob fahrlässiger Fehlbeurteilung handelte.
Zu berücksichtigen war, dass der ehemalige Wirtschaftsprüfer des Arbeitgebers Vorstandsmitglied war zu dem Zeitpunkt als der streitgegenständliche Vertrag abgeschlossen worden war. Vor dem Hintergrund der eingeholten Gutachten und des Mitwirkens des ehemaligen Wirtschaftsprüfers bei Vertragsabschluss durfte der Kläger davon ausgehen, dass kein Straftatbestand verwirklicht wurde. Umstände, die im Gegensatz auf ein vorsätzliches Verhalten des Klägers schließen ließen, lagen nicht vor.
Der zwischen den Parteien am 21.11.2000 geschlossene Vertrag war bei einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck auch nicht gem. § 138 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig. Der Kläger wurde finanziell gegen ein Arbeitsplatzrisiko abgesichert. Ein besonders grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung war nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht ein auffälliges Leistungsmissverhältnis als solches nicht für die Annahme von Sittenwidrigkeit aus.