Urlaubsanspruch bei Wechselschichttätigkeit nach TV-L
Bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sind Freischichten nicht zu berücksichtigen, wenn diese bei Fälligkeit des Urlaubsanspruchs zu Beginn des Kalenderjahres nicht dienstplanmäßig feststehen.
Eine Mitarbeiterin war bei einem Bundesland im Gefangenenbewachungsdienst in Wechselschicht beschäftigt. Das Land stellt die Dienstpläne für das jeweils folgende Kalenderjahr vor Beginn des Jahres auf und sieht bei der Dienstplanung einen durchgehenden Turnus im gesamten Kalenderjahr ohne Einplanung von Freischichten, Urlaubstagen und Zusatzurlaubstagen vor. Die Dienstpläne haben einen von der 5-Tage-Woche abweichenden Schicht-Rhythmus. Aufgrund der Abweichung ist die Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 1 Satz 4 des Tarifvertrags der Länder (TV-L) gesondert zu berechnen. Dies erfolgt nach der Formel: Urlaubstage x Arbeitstage im Jahr bei abweichender Verteilung geteilt durch die Arbeitstage im Jahr bei einer Fünftagewoche.
Es entstand Streit zwischen der Mitarbeiterin und dem Land als Arbeitgeber darüber, wie die in der Formel einzusetzenden Arbeitstage zu ermitteln sind. Das Land hatte bei der Ermittlung der Arbeitstage der Mitarbeiterin die durchschnittlich zum Zwecke der Einhaltung der tariflichen Jahresarbeitszeit in der Wechselschicht zu gewährenden Freischichten von den dienstplanmäßig vorgesehenen Schichten in Abzug gebracht. Die Freischichten seien in Abzug zu bringen, weil während dieser Schichten keine Arbeitspflicht bestehe. Die Mitarbeiterin hielt den Abzug der Freischichten von den dienstplanmäßigen Arbeitstagen für unzulässig und klagte auf Feststellung weiterer Urlaubstage.
Das Gericht gab der Klage der Mitarbeiterin im Wesentlichen statt. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.
Bei einer von der 5-Tage-Woche abweichenden Verteilung der Arbeitszeit ist zu ermitteln, an wie vielen Kalendertagen dienstplanmäßig gearbeitet werden muss oder – in Fällen des nachträglichen Wegfalls der Arbeitspflicht, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit, Urlaubs oder sonstiger Freistellung – hätte gearbeitet werden müssen. Bei einem zu Beginn des Kalenderjahres durchgängig für das gesamte Jahr aufgestellten Dienstplan ohne Einplanung von Freischichten sind Arbeitstage alle Kalendertage, an denen die Beschäftigten für einen Arbeitseinsatz in der Tag- oder Nachtschicht vorgesehen sind. § 26 Abs. 1 Satz 3 TV-L regelt ausdrücklich, dass Arbeitstage solche Kalendertage sind, an denen die Beschäftigten dienstplanmäßig zur Arbeit vorgesehen sind. Nachträgliche Änderungen des Dienstplans haben keinen Einfluss auf den Jahresurlaubsanspruch, der am 01.01. des Kalenderjahres fällig ist und genommen werden kann. Es kann nicht erst am Jahresende rückblickend geprüft und festgestellt werden, wie viele Freischichten an ursprünglich geplanten Arbeitstagen tatsächlich gewährt worden sind – im Falle der klagenden Mitarbeiterin deutlich weniger als die durchschnittlich zu gewährenden Freischichten.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 04.05.2022
Aktenzeichen: 23 Sa 1135/21