Unberechtigte Eignungsuntersuchung durch Arbeitgeber
Mit Schreiben vom 25.04.2023 wurde dem Mitarbeiter mitgeteilt, dass er sich am 16.05.2023 beim Polizeiärztlichen Dienst zu einer „Einstellungsuntersuchung gem. § 3 Abs. 5 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)“ einfinden soll. Im Rahmen der Untersuchung erfolgte eine Blutentnahme. Am 26.05.2023 wurde dem Arbeitgeber das Ergebnis der Untersuchung mitgeteilt, wonach keine gesundheitliche Eignung für die Einstellung für die Tätigkeit als Schießstandwart bestünde. Am 08.06.2023 fand ein Personalgespräch mit dem Mitarbeiter statt, indem ihm das Ergebnis der Untersuchung und die Folgen erläutert wurden. Im Gesprächsprotokoll hieß es dazu: „Da er sich noch in der Probezeit befindet und auf Basis der auflösenden Bedingung des Arbeitsvertrages (Vorbehalt der gesundheitlichen Eignung) wird er fristgerecht in der Probezeit entlassen.“
Der Mitarbeiter war der Ansicht, der im Arbeitsvertrag vereinbarte „Vorbehalt“ sei nicht wirksam. Er könne auch keine Rechtsgrundlage für die vom Arbeitgeber geforderte und durchgeführte Untersuchung und Verletzung der körperlichen Integrität darstellen. Die gesundheitliche Nichteignung des Mitarbeiters sei wegen vorübergehend erhöhter Leberwerte zu Unrecht angenommen worden. Der Arbeitgeber behauptete, bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages am 01.02.2023 durch den Mitarbeiter habe ein Angestellter der Personalverwaltung bei ihm einen alkoholischen Geruch und glasigen Blick festgestellt. Hiernach liege eine in der Person des Mitarbeiters begründete Veranlassung für eine ärztliche Untersuchung vor.
Die Kündigungsschutzklage des Mitarbeiters beim Arbeitsgericht war erfolgreich.
Bei der streitgegenständlichen Klausel in der Präambel des Arbeitsvertrages handelte es sich um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Bestimmung, die als Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. §§ 305 Abs. 1, 310 Bürgerliches Gesetzbich (BGB) anzusehen ist und einer Inhaltskontrolle unterliegt. Die Klausel verstieß nach Auffassung des Gerichts gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach ist eine Vertragsklausel wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, wenn die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Will ein Arbeitgeber die Beschäftigung eines Arbeitnehmers von dessen gesundheitlicher Eignung abhängig machen, so hat er die Kriterien, die zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen sollen, genau festzulegen. Die Klausel muss die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für den Arbeitgeber keine unangemessenen Beurteilungsspielräume bleiben.
Außerdem war die die Kündigung gem. § 138 Abs.1 BGB unwirksam, da sie allein auf dem Ergebnis einer unberechtigten Untersuchung des Mitarbeiters beruhte. Eine Einstellungsuntersuchung war nicht wirksam vereinbart worden und hätte deshalb nicht durchgeführt werden dürfen. Es wurde auch keine Einstellungsuntersuchung durchgeführt, denn zum Zeitpunkt der Untersuchung am 16.05.2023 war der Mitarbeiter schon mehrere Monate für den Arbeitgeber tätig. Allein auf das Ergebnis dieser unberechtigten Untersuchung stützte der Arbeitgeber die Kündigung in der Probezeit. Die vermeintliche gesundheitliche Nichteignung kam bei der unbeanstandeten Aufgabenerfüllung durch den Mitarbeiter jedoch nicht zum Tragen.