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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Stellenanzeige: Suche nach „Digital Native“ ist verbotene Altersdiskriminierung

Stellenanzeige: Suche nach „Digital Native“ ist verbotene Altersdiskriminierung

Mit der Formulierung in einer Stellenanzeige „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Daten-getriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause“ , möchte der Arbeitgeber Bewerber ansprechen, die mit digitalen Technologien, Computern, dem Internet und Smartphones aufgewachsen sind und diese von klein auf in ihren Alltag integriert haben. Eine solche Stellenausschreibung stellt ein Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters i.S.v. § 3 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar.

Eine Stellenausschreibung einer Arbeitgeberin enthielt neben Anforderungen wie „abgeschlossenes Hochschulstudium im Bereich PR, Journalistik, Kommunikations-/Medien- oder Wirtschaftswissenschaften“, „Mehrjährige, fundierte Berufserfahrung im Bereich Print- und Onlineredaktion“, „Profi im Thema Kommunikation“, „Leidenschaft für Sprache und Digitale Formate“ auch das Kriterium „Digital Native“. Konkret lautete die diesbezügliche Formulierung in der Stellenausschreibung: „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Daten-getriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause“.

Ein 1972 geborener abgelehnter Bewerber fühlte sich wegen seiner Alters diskriminiert und klagte auf eine Entschädigung.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben der Klage in Höhe von 7.500 EUR statt.

Der Bewerber hatte gegen die Arbeitgeberin einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von 7.500 EUR. Der Bewerber wurde wegen seines Alters und damit wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes nach § 7 Abs. 1 AGG unmittelbar benachteiligt. Er hat eine ungünstigere Behandlung erfahren als der letztlich von der Arbeitgeberin eingestellte Bewerber.

Nach Auffassung der Gerichte wird mit dem Begriff „Digital Native“ unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft. Auf Deutsch übersetzt heißt der Begriff „digitaler Eingeborener“ bzw. „digitaler Ureinwohner“. Der Begriff wurde von Marc Prensky im Jahr 2001 geprägt, um die Generation von Menschen zu beschreiben, die mit digitalen Technologien wie Computern, dem Internet und anderen mobilen Geräten aufgewachsen sind, und sie der Generation der „Digital Immigrants“ gegenüberzustellen, der älteren Generation, die nicht mit diesen Technologien groß geworden ist (Prensky, M., 2001, „Digital Natives, Digital Immigrants“). Laut Duden ist ein „Digital Native“ eine „Person, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist und in ihrer Benutzung geübt ist“. Ähnlich wird der Begriff in Wikipedia umschrieben. Insgesamt ist daher festzustellen, dass sowohl Prensky bei der Verwendung des Begriffs „Digital Native“ als auch Duden und Wikipedia bei der Definition des Begriffs eben nicht nur auf die besonderen Fähigkeiten eines „Digital Native“ im Umgang mit digitalen Technologien wie Computer, Internet, etc. abstellen, sondern vor allem darauf, dass der „Digital Native“ von klein auf mit den digitalen Medien vertraut ist, weil er in die digitale Welt hineingeboren wurde. Damit kann dem Begriff „Digital Native“ ein Alters- bzw. Generationenbezug nicht abgesprochen werden.

Nichts anderes ergab sich aus der konkreten Formulierung in der hier in Streit stehenden Stellenausschreibung der Arbeitgeberin. Bei dem durchschnittlichen Bewerber für die Stelle eines „Manager Corporate Communications“ sollte man davon ausgehen können, dass sowohl die englische Sprache als auch Begrifflichkeiten wie „Digital Native“ und „Digital Immigrant“ bekannt sind und im üblichen, d.h. wie von Duden und Wikipedia wiedergegebenen Sinne verstanden werden.

Verstärkt wurde die Bezugnahme auf das Alter durch die weiteren Passagen in der Stellenausschreibung, in welcher der/die gesuchte Bewerber/in als „absoluter Teambuddy“ bezeichnet und ihm/ihr Aufgaben in einem „dynamischen Team“ geboten werden. Die Ansprache als „Teambuddy“ richtete sich aus Sicht eines objektiven Lesers des Stellenprofils eher an einen/eine jüngeren/jüngere als einen/eine älteren/ältere Bewerber/in. Und auch der Begriff „dynamisch“ beschreibt eine Eigenschaft, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben wird (so das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 11.08.2016, Az. 8 AZR 406/14).

Der abgelehnte Bewerber ist kein „Digital Native“ im obigen Sinne. Dabei konnte offengelassen werden, ob der Jahrgang 1981 als Beginn der „Digital Natives“ anzunehmen ist. Soweit ersichtlich finden sich jedenfalls keine ernst zu nehmenden Vertreter der Ansicht, dass bereits Jahrgänge vor 1980 zu den Digital Natives gehören. Letzteres lässt sich ohne Weiteres nachvollziehen, wenn man sich vor Augen führt, dass beispielsweise das Softwareunternehmen Microsoft überhaupt erst im Jahr 1975 gegründet wurde, der MITS Altair 8800 von 1975 als der erste Personal Computer gilt und der Apple I erst 1976 entwickelt wurde.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 07.11.2024

Aktenzeichen: 17 Sa 2/24