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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Sozialversicherungspflicht bei Lehrkräften

Sozialversicherungspflicht bei Lehrkräften

Ob Lehrende sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, ist von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig. Es gibt keine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, wonach eine lehrende Tätigkeit – insbesondere als Dozent an einer Volkshochschule – bei entsprechender Vereinbarung stets als selbstständig anzusehen wäre.

Die klagende Volkshochschule bietet u.a. Kurse zur Vorbereitung auf die Erlangung eines Realschulabschlusses auf dem zweiten Bildungsweg an. Ein Student vereinbarte mit ihr die Erteilung von Unterricht im Rahmen solcher Kurse in Recht und Politik. Nach den Vertragsbedingungen der Volkshochschule war ein Weisungsrecht ausgeschlossen. Sin stellte die Unterrichtsräume zur Verfügung und stimmte die Unterrichtseinheiten zeitlich mit dem Studenten und den anderen Dozenten ab. Den Unterricht gestaltete der Student selbstständig. Er übermittelte regelmäßig eine Leistungseinschätzung für die einzelnen Schüler an die Fachbereichsleitung, die diese in einer Art Zwischenzeugnis von allen Lehrenden zusammenstellte. Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellte Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung fest.

Das Sozialgericht gab der hiergegen gerichteten Klage der Volkshochschule statt und hob die Bescheide auf. Das Landessozialgericht wies die Berufung der Rentenversicherung zurück. Für die Zeit vor Juni 2022 habe es eine maßgebliche höchstrichterliche „Sonderrechtsprechung“ gegeben, nach der lehrende Tätigkeiten grundsätzlich als selbstständige Tätigkeiten zu beurteilen gewesen seien (etwa Urteil des Bunessozialgerichts vom 12.02.2004, Az. B 12 KR 26/02 R). Erst durch das Urteil vom 28.06.2022 (Az. B 12 R 3/20 R – „Herrenberg-Urteil“) sei eine Änderung eingetreten. Auf davorliegende Zeiträume seien die vermeintlich geänderten Grundsätze nicht übertragbar.

Auf die Revision der Rentenversicherung hob das Bundessozialgericht das Berufungsurteil auf, wies die Klage teilweise ab und verwies sie im Übrigen zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurück.

Nach den maßgeblichen Verhältnissen des Einzelfalls war der Student hier aufgrund Beschäftigung jedenfalls in der Zeit vom 07.08.2017 bis zum 22.06.2018 versicherungspflichtig beschäftigt. Hinsichtlich der späteren Zeiträume war die die Sache zur Durchführung weiterer Ermittlungen an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Während selbstständige Lehrer, die der Rentenversicherungspflicht unterliegen, ihre Beiträge selbst tragen müssen, werden die Beiträge im Fall der Beschäftigung von den Versicherten und den Arbeitgebern grundsätzlich zur Hälfte getragen. Auch wenn die Volkshochschule geltend machte, durch die Beitragszahlung für vergangene Zeiträume ggf. unzumutbar zusätzlich belastet zu werden, vermochte allein dies einen Vertrauensschutz nicht zu begründen. Eine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, wonach eine lehrende Tätigkeit – insbesondere als Dozent an einer Volkshochschule – bei entsprechender Vereinbarung stets als selbstständig anzusehen wäre, existiert nicht. Daher konnte sich die Volkshochschule auch nicht auf den Fortbestand einer früheren Rechtsprechung berufen. Entscheidungen über das Vorliegen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen beruhen stets auf einer Einzelfallbeurteilung.

Urteil des Bundessozialgerichts vom 05.11.2024

Aktenzeichen: B 12 BA 3/23 R