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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Schulung der Personalvertretung: Teures Präsenzseminar oder günstiges Webinar?

Schulung der Personalvertretung: Teures Präsenzseminar oder günstiges Webinar?

Muss der Arbeitgeber Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein Präsenzseminar zwecks Schulung der Personalvertretung übernehmen oder kann er die Personalvertretung auf ein deutlich günstigeres Webinar verweisen? Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hielt im Fall einer Luftverkehrsgesellschaft die teurere Variante für angemessen.

Bei der Arbeitgeberin, einer Luftverkehrsgesellschaft, ist eine Personalvertretung Kabine (PV Kabine) gebildet, für deren Rechte die Regelungen des Betriebsverfassungsrechts (BetrVG) entsprechend gelten. Die PV Kabine wollte zwei in Düsseldorf und Köln wohnende Mitglieder zu der Präsenzschulung „Betriebsverfassungsrecht Teil 1“ in Binz/Rügen entsenden. Die Arbeitgeberin schlug aus Kostengründen ortsnähere Seminarorte oder – im gewählten Zeitraum – ein Webinar vor. Daraufhin beschloss die PV Kabine die beiden Mitglieder für die Zeit vom 24.08.2021 bis zum 27.08.2021 zur Schulung „Betriebsverfassungsrecht Teil 1“ in Potsdam zu entsenden. Es fielen für beide Teilnehmer zusammen ca. 1.800 EUR brutto für die Schulung und ca. weitere 1.300 EUR brutto an Übernachtungs- und Verpflegungskosten an. Die Hin- und Rückreise der beiden Mitglieder erfolgte per Flugzeug nach Berlin auf nicht von Kunden gebuchten Plätzen mit Flügen der Arbeitgeberin.

Die Arbeitgeberin verweigerte die Übernahme der Schulungs-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten. Sie meint in erster Linie, dass die beiden Mitglieder der PV Kabine an einem kostengünstigeren Webinar mit identischem Schulungsinhalt hätten teilnehmen können, zumal dann keine Übernachtungs- und Verpflegungskosten angefallen wären. Es hätte im maßgeblichen Zeitraum zudem im näheren Einzugsgebiet kostengünstigere Präsenzseminare gegeben. Die PV Kabine meint, sie müsse sich nicht auf ein Webinar verweisen lassen. An näheren Orten gehaltene Präsenzseminare wären u.a. wegen Urlaub nicht in Betracht gekommen. Die PV Kabine begehrt, die Arbeitgeberin zu verpflichten, sie von den Schulungs-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten für das Seminar in Potsdam freizustellen.

Diesem Begehren entsprach das Arbeitsgericht. In der Beschwerdeinstanz beim Landesarbeitsgericht stritten die Beteiligten zuletzt nur noch über die Übernachtungs- und Verpflegungskosten. Diese Kosten hat das Landesarbeitsgericht der PV Kabine zugesprochen. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.

Gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG hat die Arbeitgeberin die Kosten zu tragen, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Dies ist hier inhaltlich zu bejahen.

Auf ein Webinar anstelle einer Präsenzveranstaltung musste die PV Kabine sich nicht verweisen lassen. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat sie die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen der Arbeitgeberin zu berücksichtigen. Allerdings ist ihr bei der Seminarauswahl ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen. Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene Veranstaltungen nach Ansicht der PV Kabine innerhalb dieses Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig anzusehen sind, kommt eine Beschränkung der Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin auf die Kosten des preiswerteren Seminars in Betracht. Es hält sich derzeit innerhalb des Beurteilungsspielraums der PV Kabine, wenn sie selbst ein inhaltgleiches Webinar mit einer entsprechenden Präsenzveranstaltung nicht für qualitativ vergleichbar erachtet. Die Einschätzung der PV Kabine, dass der „Lerneffekt“ im Rahmen einer Präsenzveranstaltung deutlich höher ist als bei einem Webinar, ist nicht zu beanstanden. Ein Austausch und eine Diskussion über bestimmte Themen sind bei einem Webinar in weitaus schlechterem Maße möglich als bei einer Präsenzveranstaltung. Insoweit stellt sich das Webinar eher als „Frontalunterricht“ dar, was wohl auch daran liegen dürfte, dass die Hemmschwelle, sich online an Diskussionen zu beteiligen, weitaus höher ist, als bei einem Präsenzseminar.

Die PV Kabine durfte die konkret angefallenen Übernachtungs- und Verpflegungskosten für erforderlich halten. Es gab es keine ortsnäheren Präsenzseminare, auf welche die PV Kabine hätte verwiesen werden können. Die ermittelten alternativen Seminare lagen u.a. tatsächlich im Urlaubszeitraum des einen Mitglieds bzw. das andere Mitglied hatte in Anwendung einer tatsächlich gelebten Praxis einer dienstlichen Veranstaltung (Training) den Vorrang gegeben. Im Übrigen ergab sich aufgrund der konkreten Entfernung keine ausreichende Kostenersparnis im Vergleich zum gebuchten Seminar, weil die Übernachtungskosten nicht entfallen wären. Ein anderes Seminar lag zeitlich so viel später, dass die PV Kabine sich darauf nicht verweisen lassen musste.

Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.11.2022

Aktenzeichen: 8 TaBV 59/21