Rückforderung von Schulungskosten bei vereinbarter Geltung ausländischen Arbeitsrechts
Der im April 2016 abgeschlossene, in englischer Sprache verfasste Arbeitsvertrag, enthielt unter Nr. 8.1 Satz 3 Halbsatz 2 eine Rückzahlungsvereinbarung im Hinblick auf Schulungskosten bei Kündigung seitens des Mitarbeiters. Von Oktober 2016 bis Februar 2017 absolvierte der Mitarbeiter in Großbritannien eine solche Schulung. Im März 2018 kündigte der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 05.06.2018. Am 02.04.2018 forderte die Arbeitgeberin den Mitarbeiter erfolglos auf, ihr Schulungskosten i.H.v. 20.000 EUR zu erstatten. In der Folgezeit zog sie stattdessen vom Nettoentgelt für die Monate April bis Juni 2018 Teilbeträge i.H.v. insgesamt rund 17.124 EUR für die von ihr aufgewandten Schulungskosten ab.
Der Mitarbeiter beanspruchte die Auszahlung dieses Betrags. Er war der Ansicht, der Arbeitsvertrag unterliege deutschem Recht. Danach habe die Arbeitgeberin keine aufrechenbare Gegenforderung. Die unter Nr. 8.1 Satz 3 Halbsatz 2 des Arbeitsvertrags geregelte Rückzahlungsvereinbarung benachteiligte ihn unangemessen und sei deshalb unwirksam.
Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben. Sowohl das Landesarbeitsgerichts als auch das Bundesarbeitsgericht haben die Entscheidung bestätigt.
Ein Formulararbeitsvertrag ist auch bei einer anderweitigen Rechtswahl durch die Parteien (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Rom I-VO) einer AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) zu unterziehen, wenn ohne die Rechtswahl deutsches Recht anzuwenden wäre. Ist danach eine den Arbeitnehmer belastende Vertragsklausel unwirksam, erübrigt sich der ansonsten erforderliche Günstigkeitsvergleich. Das Recht der AGB etabliert als unabdingbares Recht i.S.d. Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom I-VO ein Schutzniveau, von dem zu Lasten des Arbeitnehmers nicht abgewichen werden darf.
Der für die Bestimmung des objektiven Rechts maßgebliche Arbeitsort war hier der Flughafen Berlin-Schönefeld. Die Schulungen, an denen der Mitarbeiter teilgenommen hatte, waren für die Bestimmung des objektiven Rechts ohne Belang, da sie nicht in Irland, sondern in Großbritannien stattgefunden hatten. Sobald eine Vertragspartei dem Vertragspartner – wie vorliegend die Arbeitgeberin dem Mitarbeiter – die Vertragsbedingungen einseitig vorgibt, hat dies innerhalb des Rahmens zu geschehen, den die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB verbindlich vorschreiben. Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB war die Rückzahlungsregelung, die in Nr. 8.1 Satz 3 Halbsatz 2 des Arbeitsvertrags vereinbart hatten, unwirksam, da sie den Mitarbeiter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligte.
Es ist nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Vielmehr muss nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 01.03.2022, Az. 9 AZR 260/21). Verpflichtet eine Klausel den Arbeitnehmer auch in den Fällen zur Erstattung von Schulungskosten, in denen der Grund für die Eigenkündigung aus der Sphäre des Arbeitgebers stammt, benachteiligt sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.03.2014, Az. 9 AZR 545/12). Infolgedessen hatten die vorinstanzlichen Gerichte zu Recht erkannt, dass die Rückzahlungsvereinbarung unter Nr. 8.1 Satz 3 Halbsatz 2 des Arbeitsvertrags gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstieß.