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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Regelung von Raucherpause nicht mitbestimmungspflichtig

Regelung von Raucherpause nicht mitbestimmungspflichtig

Die Anordnung einer Arbeitgeberin, dass Rauchen nur in den festgelegten Pausen gestattet ist, unterliegt regelmäßig nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG), da die Anordnung die Einhaltung der Arbeitszeit sicherstellen soll und somit nicht das Ordnungsverhalten, sondern das Arbeitsverhalten betrifft. Regelungen und Weisungen, welche die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren – sog. Arbeitsverhalten – sind nicht mitbestimmungspflichtig.

Eine Arbeitgeberin stritt mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat über die Mitbestimmungspflichtigkeit einer arbeitgeberseitigen Anweisung, nach der Rauchen nur in den Pausen gestattet ist. Die Arbeitgeberin erbringt Logistikdienstleistungen in einem Seehafen, in dem große Mengen von Holz umgeschlagen werden. Der Betriebsrat wollte erreichen, dass auch in ungeplanten, betriebsbedingten Arbeitsunterbrechungen geraucht werden kann. Bei technologisch bedingten Arbeitsunterbrechungen zwischen verschiedenen Arbeitseinsätzen sei nach jahrzehntelanger betrieblicher Übung das Rauchen möglich gewesen. Es habe sich nicht um Pausen im Sinne des Rahmentarifvertrages gehandelt. Aufgrund dessen sei es auch nötig, eine entsprechende Betriebsvereinbarung auszuhandeln. Nachdem sich Arbeitgeberin und Betriebsrat nicht einigen konnte, wandte sich der Betriebsrat an das Arbeitsgericht und beantragte u.a., die Arbeitgeberin zu verpflichten, es zu unterlassen, die Unterweisung zum Verhalten auf dem Betriebsgelände hinsichtlich der Regelung „Somit ist das Rauchen … ausschließlich in der tariflich vorgesehenen Pause gestattet“ anzuwenden, solange keine Zustimmung des Betriebsrates vorliegt.

Das Gericht gab der Arbeitgeberin Recht und wies den Antrag des Betriebsrats zurück. Die Arbeitgeberin hat mit der Anordnung „Somit ist das Rauchen … ausschließlich in der tariflich vorgesehenen Pause gestattet“ kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt. Ein Unterlassungsanspruch ergab sich weder aus § 87 BetrVG noch aus § 23 Abs. 3 BetrVG.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses kann der Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen beeinflussen und koordinieren. Zweck des Mitbestimmungsrechtes ist es, die Arbeitnehmer hieran gleichberechtigt zu beteiligen.vDagegen sind Regelungen und Weisungen, welche die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren – sog. Arbeitsverhalten – nicht mitbestimmungspflichtig. Wirkt sich eine Maßnahme zugleich auf das Ordnungs- und das Arbeitsverhalten aus, kommt es darauf an, welcher Regelungszweck überwiegt. Entscheidend ist der jeweilige objektive Regelungszweck.

Die Anordnung der Arbeitgeberin, dass Rauchen nur in den Pausen, also außerhalb der Arbeitszeit, gestattet ist, betraf ausschließlich das Arbeitsverhalten. Die Regelung diente nicht der Koordinierung des Zusammenlebens und Zusammenwirkens der Arbeitnehmer. Sie war ausschließlich auf die Einhaltung der Arbeitszeiten gerichtet. Während des Rauchens können die Arbeitnehmer des Seehafens grundsätzlich keine Arbeitsleistung erbringen. Rauchen außerhalb der vorgesehenen Pausen stellt eine Unterbrechung der Arbeitstätigkeit dar. Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, solche Arbeitsunterbrechungen zu dulden. Vielmehr haben die Arbeitnehmer während der festgelegten Arbeitszeiten ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Zumindest haben sie sich bereitzuhalten, um jederzeit die Arbeit nach Anweisung der Arbeitgeberin aufzunehmen zu können. Der Arbeitgeberin ist es nicht verwehrt, die vereinbarten Arbeitsleistungen in dem vollen Zeitumfang abzufordern. Zwar mag es vorkommen, dass es wegen eines schwankenden Arbeitsanfalls nicht immer möglich ist, alle Arbeitnehmer durchgängig zu beschäftigen. Das berechtigt jedoch weder die Raucher, ihren Arbeitsplatz zu verlassen und eine Raucherinsel aufzusuchen, noch andere Arbeitnehmer, privaten Angelegenheiten welcher Art auch immer nachzugehen. Während der festgelegten Arbeitszeiten besteht Arbeitspflicht, sofern nicht die Arbeitgeberin von sich aus im Einzelfall freiwillig eine zusätzliche bezahlte oder unbezahlte Pause gestattet.

Beschluss des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 29.03.2022

Aktenzeichen: 5 TaBV 12/21