Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen
Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis am 28.10.2022 mit Wirkung zum 11.11.2022. Hiergegen wandte sich der Mitarbeiter gerichtlich mit einer Kündigungsschutzklage. Er meinte, die Kündigung sei unwirksam, da in dem befristeten Arbeitsvertrag keine Kündigungsmöglichkeit wirksam vereinbart worden sei. Die dort geregelte Probezeit stehe nicht im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit. Der Arbeitgeber habe zudem nicht ordentlich gekündigt, sondern eine Kündigung eigener Art in der Probezeit zum 11.11.2022 erklärt. Eine hilfsweise Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt habe der Arbeitgeber nicht ausgesprochen, weshalb das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbestehe.
Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hatte die Klageabweisung bestätigt. Auf die Revision des Mitarbeiters hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidungen der Vorinstanzen teilweise aufgehoben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.10.2022 nicht zum 11.11.2022, sondern erst zum 30.11.2022 aufgelöst worden war.
Nach der vor Abschluss des Arbeitsvertrags mit Wirkung zum 01.08.2022 erfolgten Neufassung von § 15 Abs. 3 TzBfG muss eine für ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbarte Probezeit im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. Durch die Regelung wurden die Vorgaben des entsprechend formulierten Art. 8 Abs. 2 Satz 1 aus Kapitel III („Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen“) der Richtlinie (EU) 2019/1152 (Arbeitsbedingungen-RL) umgesetzt. Weder Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsbedingungen-RL noch § 15 Abs. 3 TzBfG enthalten nach ihrem Wortlaut ausdrückliche Regelungen zur zulässigen absoluten oder relativen Dauer einer Probezeit im befristeten Arbeitsverhältnis.
Im Schrifttum wird die Frage des angemessenen Verhältnisses von Befristungsdauer und Probezeit unterschiedlich beurteilt. Das Bundesarbeitsgericht musste aber nicht abschließend entscheiden, nach welchen Grundsätzen sich das Verhältnis zwischen der Dauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses und der für dieses vereinbarten Probezeit bestimmt. Es konnte insbesondere dahinstehen, ob die Gerichte für Arbeitssachen angesichts der bewusst unbestimmt gehaltenen Ausgestaltung von § 15 Abs. 3 TzBfG berechtigt sind, feste Bezugsgrößen für die maßgeblichen Parameter (Probezeit-/Befristungsdauer) zu bestimmen. Jedenfalls ist nach den normativen Vorgaben ohne Hinzutreten von besonderen Umständen die Vereinbarung einer Probezeit unwirksam, die – wie vorliegend – der gesamten Dauer der vereinbarten Befristung entspricht.
Die Unwirksamkeit der Probezeitvereinbarung ließ vorliegend jedoch die ordentliche Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses unberührt. Sind vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsvertragsbestimungen (AGB) ganz oder teilweise unwirksam, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam (§ 306 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) und sein Inhalt richtet sich insoweit nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 306 Abs. 2 BGB). Vorliegend hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine sprachlich und inhaltlich unabhängige Abrede über die Kündbarkeit während der Befristung getroffen. Das Landesarbeitsgericht hatte indes rechtsfehlerhaft (§ 563 Abs. 3 Zivilprozessordung – ZPO) angenommen, dass der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag mit einer Frist von zwei Wochen gem. § 622 Abs. 3 BGB kündigen konnte. Eine Kündigung war nur mit der Frist des § 622 Abs. 1 BGB von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats möglich gewesen.