Öffentlichkeitsgrundsatz im arbeitsgerichtlichen Verfahren auch in Zeiten einer Pandemie unverzichtbar
Der Grundsatz der Öffentlichkeit, der zu den Prinzipien demokratischer Rechtspflege gehört und auch in § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG niedergelegt ist, verlangt, dass jedermann nach Maßgabe des tatsächlich verfügbaren Raums Zutritt zur Verhandlung ermöglicht wird.
Zulässig ist zwar eine Reduzierung der Zuhörerzahl in einem Saal, um Abstandsregelungen im Zuge einer Pandemiebekämpfung einhalten zu können. Die Verhandlung ist aber nur dann öffentlich, wenn beliebige Zuhörer, sei es auch nur in sehr begrenzter Zahl, die Möglichkeit des Zutritts haben. Erforderlich ist, dass Zuhörer in einer Anzahl Einlass finden, in der sie noch als Repräsentanten einer keiner besonderen Auswahl unterliegenden Öffentlichkeit angesehen werden können. Ein einziger Platz für Zuhörer wäre zu wenig, weil dies zu einem faktischen Ausschluss der Öffentlichkeit führte.
Die Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes musste auch nicht bereits in der mündlichen Verhandlung gerügt werden, sondern die Parteien konnten sich auf die mündliche Verhandlung einlassen und Sachanträge stellen und trotzdem später noch die Nichtöffentlichkeit der Verhandlung rügen, denn ausgehend vom Zweck des Öffentlichkeitsgrundsatzes kann auf dessen Einhaltung im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht verzichtet werden (§ 295 Abs. 2 ZPO). Der Grundsatz der öffentlichen mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme soll eine der öffentlichen Kontrolle entzogene Geheimjustiz verhindern. Vor allem dient die Gerichtsöffentlichkeit jedoch der Kontrolle der Justiz durch die Möglichkeit der Allgemeinheit, die Verhandlung zu beobachten. Letztlich dient das Gebot der Öffentlichkeit durch seine Kontrollfunktion auch der Verfahrensfairness.