Mitarbeiter/innen der Kita- und Schulassistenz sind keine Tendenzträger
Der Betriebsrat verlangte die Beachtung seines Mitbestimmungsrechts bei Einstellungen und Versetzungen nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bestimmter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bereich der Kita- und Schulassistenz sowie einer Mitarbeiterin als Betreuungshelferin. Das Unternehmen war der Ansicht, dass der Betriebsrat bezüglich dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG kein Beteiligungsrecht habe, da die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Tendenzträger seien.
Der Betriebsrat meinte, dass die Beschäftigten durch enge Weisungen, insbesondere der jeweiligen Einrichtung, nicht im Wesentlichen frei über die Aufgabenerledigung entscheiden könnten. Sie seien in der Entscheidung, welche Hilfemaßnahmen sie für die Kinder treffen, gebunden an die Hilfe- und Unterstützungspläne der Kostenträger. Die Beschäftigten seien in keiner Weise an der Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung beteiligt. Sie hätten keinen Einfluss auf das Ob und Wie von therapeutischen Maßnahmen, sondern könnten lediglich Vorschläge hierzu machen.
Das Arbeitsgericht gab dem Betriebsrat Recht. Die Einstellungen und Versetzungen der betreffenden Beschäftigten waren ohne Zustimmung des Betriebsrates erfolgt und daher gemäß § 101 Satz 1 BetrVG aufzuheben.
Die Arbeitgeberin ist zwar ein Tendenzunternehmen gem. § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG, da sie überwiegend karitative Zwecke verfolgt. Die Beschäftigten waren jedoch keine Tendenzträger i.S.v. § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, so dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 99 BetrVG zur Anwendung kam. Bei Arbeitgebern, die karitativen oder erzieherischen Bestimmungen dienen, setzt die Tendenzträgereigenschaft der von ihnen beschäftigten Arbeitnehmer voraus, dass diese bei den tendenzbezogenen Tätigkeitsinhalten im Wesentlichen frei über die Aufgabenerledigung entscheiden können. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kita- oder Schulassistenz sind dann keine Tendenzträger, wenn sie sie zwar Entscheidungen über Hilfemaßnahmen für die betreuten Kinder selbständig treffen können, diese aber nur in Abstimmung mit den jeweiligen Gesamt-, Hilfe- und Teilhabeplänen sowie mit den jeweiligen Lehrern umsetzen können.
Nach diesen Grundsätzen konnten die betroffenen Beschäftigten nicht als Tendenzträger angesehen werden. Sie waren nicht im Wesentlichen frei von Weisungen bei der Umsetzung der von der Arbeitgeberin verfolgten Tendenz. Während die Leistungsbeschreibung, die zwischen der Arbeitgeberin und den Kostenträgern vereinbart wird, noch sehr offen in der Gestaltung blieben, konkretisierten die Gesamt-, Hilfe- und Teilhabepläne die Tätigkeit der betroffenen Assistentinnen und Assistenten schon erheblich, wenn auch hiernach noch eine gewisse Entscheidungsfreiheit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verblieb. Zu Recht und ohne Widerspruch hatte der Betriebsrat jedoch darauf hingewiesen, dass alle Maßnahmen und Entscheidungen der Assistentinnen und Assistenten eingebunden sind in den jeweiligen Schulalltag. Würde die Schulassistenz eine Maßnahme für das Kind im laufenden Unterricht für erforderlich halten, die Schule oder der Lehrer diese Maßnahme jedoch ablehnen, würde die Arbeitgeberin zwar versuchen zu vermitteln. Die Schulassistenz wäre aber nicht in der Lage, die Maßnahme eigenmächtig durchzusetzen. Dieses „Beziehungsgeflecht“ oder die Arbeit von Schulassistent, Kostenträger und Schule „Hand in Hand“ überließ nach Auffassung des Gerichts den Beschäftigten in der Schulassistenz keinen ausreichenden Entscheidungs- und Handlungsspielraum für eigene Vorstellungen. Insoweit ähnelt die hier zu entscheidende Konstellation dem Sachverhalt, der der BAG-Entscheidung vom 14.05.2013 (Az. 1 ABR 10/12) zugrunde lag. Es reichte vorliegend nicht aus, dass Schulassistenten im Einzelfall und in gutem Einvernehmen mit dem Lehrer bzw. der Schule und auf der Basis der im Einzelnen bestehenden Gesamt-, Hilfe- und Teilhabepläne ihre Entscheidung eigenverantwortlich umsetzen konnten.