Kürzerer Urlaubsanspruch bei Freistellung im Zusammenhang mit Impfpflicht
Die Arbeitgeberin zahlte an die Mitarbeiterin für die streitige Zeit vom 01.04. bis zum 31.08.2022 keine Vergütung. Sie meinte außerdem, der Urlaubsanspruch der Mitarbeiterin sei für jeden vollen Monat der Freistellung anteilig zu kürzen. Wegen der streitgegenständlichen fünfmonatigen Freistellung sei rechnerisch von einem um 12,5 Tage geringeren Urlaubsanspruch auszugehen, aufzurunden auf 13 Tage.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht wiesen die Klage insgesamt ab. Die Revision der Mitarbeiterin beim Bundesarbeitsgericht hatte nur in ganz geringem Umfang Erfolg.
Die Mitarbeiterin hat keinen Anspruch auf weitere 12,5 Urlaubtage für das Jahr 2022. Die Freistellung wegen Nichterfüllung der Anforderungen des § 20a IfSG a.F. rechtfertigte eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruchs. Die aufgrund dieser Freistellung nicht geleisteten Arbeitstage sind weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. Der Erholungszweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub beruht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf der Prämisse, dass der Arbeitnehmer im Lauf des Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet hat. Etwas anderes gilt nur, wenn der Umstand, dass der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat, allein auf Entscheidungen des Arbeitgebers beruht.
So lag es hier nicht, denn zum einen setzte die Arbeitgeberin mit der Freistellung lediglich die Regelungen des IfSG a.F. um und zum anderen hätte die Mitarbeiterin ihre Tätigkeit bei Vorlage der vom Gesetz vorgesehenen Nachweise wieder aufnehmen können. Dass sie dies nicht tat, beruhte auf ihrer freien und höchstpersönlichen Entscheidung, sich nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 impfen zu lassen. Dies unterscheidet die Freistellung wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen nach § 20a Abs. 1 IfSG a.F. von anderen Fällen einer einseitigen Freistellung durch den Arbeitgeber, z.B. nach einer von ihm ausgesprochenen Kündigung während des Laufs der Kündigungsfrist.
Der Mitarbeiterin stand jedoch noch ein halber Urlaubstag aus dem Jahr 2022 zu. Für die von der Arbeitgeberin im Rahmen der Neuberechnung des Urlaubsanspruchs zu Lasten der Arbeitnehmerin vorgenommene Aufrundung besteht keine Rechtsgrundlage.