Kündigungsschutzprozess: Kein Verwertungsverbot bei offener Videoüberwachung
Mit seiner Klage machte der Mitarbeiter u.a. geltend, er habe am 02.06.2018 gearbeitet. Die Erkenntnisse aus der Videoüberwachung unterlägen einem Sachvortrags- und Beweisverwertungsverbot und dürften daher im Kündigungsschutzprozess nicht berücksichtigt werden.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben der Klage statt. Auf die Revision der Arbeitgeberin hob das Bundesarbeitsgericht das Berufungsurteil des Landesarbeitsgerichts auf und verwies die Sache an das Landesarbeitsgericht zurück.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Überwachung in jeder Hinsicht den Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) bzw. der Datenschutz-Grundverordung (DSGVO) entsprach. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, wäre eine Verarbeitung der betreffenden personenbezogenen Daten des Mitarbeiters durch die Gerichte für Arbeitssachen nach der DSGVO nicht ausgeschlossen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Datenerhebung wie hier offen erfolgt und vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers in Rede steht. In einem solchen Fall ist es grundsätzlich irrelevant, wie lange der Arbeitgeber mit der erstmaligen Einsichtnahme in das Bildmaterial zugewartet und es bis dahin vorgehalten hat.
Es konnte offenbleiben, ob ausnahmsweise aus Gründen der Generalprävention ein Verwertungsverbot in Bezug auf vorsätzliche Pflichtverstöße in Betracht kommt, wenn die offene Überwachungsmaßnahme eine schwerwiegende Grundrechtsverletzung darstellt. Das war vorliegend nicht der Fall.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 29.06.2023
Aktenzeichen: 2 AZR 296/22