Rechtsanwalt Dr. von Harbou

Vertrauen ist eine unverzichtbare Voraussetzung für eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit. Geben Sie mir die Gelegenheit, Sie von mir und meinen Fähigkeiten zu überzeugen. Gerne vereinbare ich mit Ihnen einen ersten Termin, in dem wir Ihr Anliegen besprechen und ich Sie anschließend über die rechtlichen Möglichkeiten, Erfolgsaussichten, Risiken und Kosten informiere.

Geschäftszeiten

Montag - Freitag 09:00 -18:00 Uhr
Samstag - Sonntag Geschlossen

Aktueller Rechtsblog

Top
Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kündigung wegen Faschismusvergleichs

Kündigung wegen Faschismusvergleichs

Das Landesarbeitsgericht München hat die Kündigung einer Referentin für Rundgangführungen in der KZ-Gedenkstätte Dachau für wirksam erklärt. Die Referentin hatte auf einer Anti-Coronamaßnahmen-Demonstration dem Staat faschistoide Tendenzen unterstellt.

Die 1954 geborene Mitarbeiterin war bei einer vom Freistaat Bayern errichteten Stiftung des öffentlichen Rechts seit Januar 2019 als Referentin für Rundgangführungen in der KZ-Gedenkstätte Dachau mit 450 EUR brutto beschäftigt. Zweck der Führungen ist, die Gedenkstätten als Zeugen für die Verbrechen des Nationalsozialismus, als Orte der Erinnerung an die Leiden der Opfer und als Lernorte für künftige Generationen zu erhalten und die darauf bezogene geschichtliche Forschung zu unterstützen. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.

Die Mitarbeiterin trat im Rahmen der „Anti-Corona-Bewegung“ auf Versammlungen als Rednerin auf. Bei einer Anti-Coronamaßnahmen-Demonstration auf dem Königsplatz Ende Januar 2022 sagte die Mitarbeiterin vor ca. 3.000 Teilnehmern u.a.: „Wir haben es hier mit der schärfsten Faschisierung im Staat und Gesellschaft zu tun. Seit der Gründung der Bundesrepublik. … Und ihr seht die Ignoranz dieses Staates, dieses reaktionär faschistoiden Staates, der meint, er kann sich abschütteln.“ Die Arbeitgeberin lud die Mitarbeiterin daraufhin zum Personalgespräch ein, stellte sie dann mit sofortiger Wirkung von der Arbeitsleistung frei und kündigte ihr anschließend ordentlich zum 30.06.2022.

Die von der Mitarbeiterin hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht ab und entschied, dass die Kündigung als personenbedingte Kündigung wirksam ist, weil der Mitarbeiterin aufgrund ihres Verhaltens und damit einhergehender begründeter Zweifel an ihrer Verfassungstreue die Eignung für die Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit fehlt. Das Verhalten der Mitarbeiterin berühre die allgemeine Aufgabenstellung der Arbeitgeberin und wirke in die Gedenkstätte hinein.

Auf die Berufung der Mitarbeiterin hat das Landesarbeitsgericht München entschieden, dass die wegen eines Faschismusvergleichs ausgesprochene Kündigung wirksam ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Entscheidung des Arbeitsgericht wurde unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 06.09.2012, Az. 2 AZR 372/11) zum Eignungsmangel bei Beschimpfung und Verächtlichmachung des Staates bestätigt. Wer Führungen in einer KZ-Gedenkstätte wie Dachau macht und die Besucher betreut, darf seinen demokratisch gewählten, staatlichen Arbeitgeber nicht mit einem Faschistenstaat gleichstellen. Eine solche Geisteshaltung und die damit einhergehende Herabwürdigung der Demokratie stehen nicht im Einklang mit § 3 Abs. 1 Satz 2 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Mitarbeiterin war der Arbeitgeberin daher nicht zuzumuten.

§ 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L verpflichtet die Arbeitnehmer, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen. Das Maß der Loyalität richtet sich nach Stellung und Aufgabenkreis des Arbeitnehmers gemäß der arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Die Loyalitätspflicht gilt sowohl im dienstlichen wie im außerdienstlichen Bereich. Die Aufgabe der Mitarbeiterin bestand darin, Besucher durch das ehemalige Lager der Gedenkstätte Dachau zu führen, die historischen Abläufe zu erläutern und über das Lagerleben und das Schicksal der Häftlinge zur berichten. Für die Stiftung ist die zutreffende Wiedergabe von historischen Fakten und der Respekt vor der Geschichte der Gedenkstätte essenzielle Voraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit.

Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 18.07.2023

Aktenzeichen: 7 Sa 71/23