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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kündigung eines Straßenbahnfahrers nach Facebook-Post

Kündigung eines Straßenbahnfahrers nach Facebook-Post

Die ordentliche Kündigung eines Straßenbahnfahrers, der in einer privaten Facebook-Gruppe einen von ihm verfassten Beitrag mit einer drastischen Fotomontage mit Bezug zu der Gewerkschaft ver.di versehen hat, ist wirksam. In der Montage lag eine Bedrohung von Kollegen, die sich bei der Gewerkschaft ver.di engagieren, und zugleich eine konkrete und nachhaltige Störung des Betriebsfriedens.

Der Mitarbeiter war bei dem bundesweit größte Betreiber Öffentlichen Personennahverkehrs als Straßenbahnfahrer beschäftigt. Er istAdministrator einer privaten Facebook-Gruppe, die sich nach ihrer Bezeichnung an Fahrpersonal der Arbeitgeberin richtete und rund 1000 Mitglieder umfasst.

Im Mai 2024 verfasste der Mitarbeiter in dieser Gruppe einen an die Mitglieder der ver.di-Tarifkommission gerichteten Kommentar zum Ergebnis einer ver.di-Mitgliederbefragung und schloss diesen mit einer Fotomontage ab. Auf dieser ist ein auf dem Boden kniender Mann abgebildet, auf dessen Kopf der Lauf einer Pistole gerichtet ist. Neben ihm befindet sich der Schriftzug von ver.di. Die Fotomontage weist das Logo der Arbeitgeberin aus und trägt den Titel „ver.di hört den Warnschuss nicht!“.

Über diesen Beitrag beschwerten sich sieben Beschäftigte der Arbeitgeberin, die zugleich Gewerkschaftsfunktionäre sind und sich durch den Beitrag bedroht fühlten. Nach Anhörung des Mitarbeiters und des Personalrats sprach die Arbeitgeberin eine fristlose und eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus. Der Mitarbeiter klagte gegen die Kündigungen.

Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage ab und erklärte die fristgemäß erklärte Kündigung für wirksam.

Der Mitarbieter hatte mit der Fotomontage Beschäftigte konkret bedroht. Darin lag zugleich eine erhebliche Störung des Betriebsfriedens. Die Chatgruppe ist zwar privat, richtet sich jedoch ausdrücklich an Fahrpersonal der Arbeitgeberin und verfügt mit rund 1.000 Mitgliedern nicht mehr über einen überschaubaren Adressatenkreis. Der Beitrag war auch auf eine Außenwirkung angelegt. Die Fotomontage war als Drohung an Beschäftigte, die sich für ver.di aktiv einsetzen, zu verstehen und wurde, wie sich an den Beschwerden zeigte, auch so verstanden. Dies ergab sich vor allem aus der Zielrichtung des Pistolenlaufs auf den Kopf des abgebildeten Mannes. Eine solche konkrete Bedrohung ist von der Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Hierin lag zudem eine arbeitsvertragliche Nebenpflichtverletzung, von der klar erkennbar war, dass sie von der Arbeitgeberin nicht hingenommen wird. Daher war eine Abmahnung nicht erforderlich.

Die erforderliche Interessenabwägung ergab, dass der Arbeitgeberin eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist noch zuzumuten war. Der gekündigte Arbeitnehmer hingegen benötigte als alleinerziehender Vater dreier Kinder einen größeren zeitlichen Vorlauf, um eine neue hiermit vereinbare Stelle zu finden. Dieser Umstand wie auch die 15-jährige Betriebszugehörigkeit überwogen bezogen auf die ordentliche Kündigung hingegen nicht die Interessen der Arbeitgeberin an der fristgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Arbeitgeberin muss für den Schutz ihrer Beschäftigten sowohl bei der Ausübung deren arbeitsvertraglich geschuldeter Tätigkeiten wie auch bei der Wahrnehmung ihrer Rechte aus Art. 9 des Grundgesetzes (GG) sorgen.

Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 07.10.2024

Aktenzeichen: 59 Ca 8733/24