Kündigung eines Redakteurs bei der Deutschen Welle wegen antisemitischer Äußerungen
Die fristlose Kündigung eines in der arabischen Redaktion der Deutschen Welle beschäftigten gehobenen Redakteurs wegen antisemitischer Äußerungen ist wirksam. Als sog. Tendenzträger war er verpflichtet, sowohl bei seiner Arbeitsleistung als auch im außerbetrieblichen Bereich nicht gegen die Tendenz, das heißt die grundsätzlichen Zielsetzungen, der Deutschen Welle zu verstoßen. Dazu gehören die Grundsätze, das Existenzrecht Israels nicht in Frage zu stellen und sich gegen Antisemitismus sowie jegliche Versuche, diesen zu verbreiten, einzusetzen.
Ein Mitarbeiter war seit 2005 – zunächst als freier Mitarbeiter – bei der Deutschen Welle beschäftigt. Im Zeitraum von 2014 bis 2019 veröffentlichte er auf seinen privaten Facebook- und Twitter-Konten Äußerungen zu Israel und Palästina, die (nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts) antisemitischen Charakter hatten und das Existenzrecht Israels in Abrede stellten. Im Jahr 2021 schloss der Mitarbeiter ein befristetes Arbeitsverhältnis mit der Deutschen Welle ab. Nachdem diese aufgrund von Presseberichten über angeblich antisemitische Äußerungen anderer Beschäftigter der arabischen Redaktion eine externe Untersuchung veranlasst hatte, wurden 2022 einige dieser Veröffentlichungen gelöscht. Die Arbeitgeberin kündigte dem Mitarbeiter. Der Mitarbeiter klagte gegen die Kündigung.
Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage des Mitarbeiters statt. Auf die Berufung der Arbeitgeberin wies das Landesarbeitsgericht die Klage hingegen ab.
Der Mitarbeiter war als sog. Tendenzträger verpflichtet, sowohl bei seiner Arbeitsleistung als auch im außerbetrieblichen Bereich nicht gegen die Tendenz, das heißt die grundsätzlichen Zielsetzungen, der beklagten Deutschen Welle zu verstoßen. Dazu gehören die Grundsätze, das Existenzrecht Israels nicht in Frage zu stellen und sich gegen Antisemitismus sowie jegliche Versuche, diesen zu verbreiten, einzusetzen. Da derartige Äußerungen eines Redakteurs auch im privaten Bereich geeignet sind, den Ruf der Beklagten als Stimme der Bundesrepublik Deutschland im Ausland zu schädigen, liegt eine schwerwiegende Verletzung vertraglicher Nebenpflichten vor, die zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung berechtigten.
Auch wenn der Mitarbeiter nach Begründung des Arbeitsverhältnisses keine zu beanstandenden Äußerungen mehr veröffentlicht hatte, wirkten sich die zuvor getätigten und auch nach Begründung des Arbeitsverhältnisses noch öffentlich abrufbaren Äußerungen weiter aus. Da der Mitarbeiter aufgrund der Rundfunkfreiheit der Deutschen Welle gem. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) gehalten war, die Tendenz der Arbeitgeberin zu wahren, konnte er sich für antisemitische und das Existenzrecht Israels leugnende Äußerungen auch nicht mit Erfolg auf seine Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) berufen.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen. Hiergegen kann der Mitarbeiter Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht erheben.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 04.04.2024
Aktenzeichen: 5 Sa 894/23