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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Keine höhere Sozialplanabfindung für Gewerkschaftsmitglieder

Keine höhere Sozialplanabfindung für Gewerkschaftsmitglieder

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte über den klageweise geltend gemachten Anspruch auf eine höhere Sozialplanabfindung für Gewerkschaftsmitglieder zu entscheiden.

Eine Mitarbeiterin war seit dem 03.04.2000 bei  einer Servicegesellschaft aus dem Bereich der Luftfahrt beschäftigt. Im Zuge der zweiten größeren Personalanpassungsmaßnahme wurde ihr Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 30.06.2020 gekündigt. Bereits im Jahre 2017 hatte die Arbeitgeberin einen Personalabbau durchgeführt. Nach dem seinerzeit vereinbarten Sozialplan vom 06.12.2017 berechnete sich die Abfindung für die gekündigten Beschäftigten wie folgt:
„Betriebszugehörigkeit x Monatsbrutto x 0,9“.

Außerdem war – mündlich – vereinbart worden, dass Mitglieder der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) einen erhöhten Abfindungsfaktor von 1,0 erhalten, wenn sie keine Kündigungsschutzklage erheben.

Im Rahmen der zweiten Personalanpassung im Jahre 2019 vereinbarte die Arbeitgeberin mit ihrem Betriebsrat in einem Interessenausgleich vom 10.12.2019, dass der bereits bestehende Sozialplan vom 06.12.2017 auch hierfür Anwendung findet. Auf der Grundlage einer weiter abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zur Kündigungsabwicklung sollten die Beschäftigten zusätzlich zur Sozialplanabfindung 5.000,00 EUR erhalten, wenn sie keine Kündigungsschutzklage erheben.

Nach Auszahlung der Abfindung auf der Basis eines Abfindungsfaktors von 0,9 verlangt die Mitarbeiterin mit ihrer Klage einen um den Faktor 0,1 erhöhten Abfindungsbetrag. Sie behauptete, sie sei Mitglied der Gewerkschaft NGG. Der Geschäftsführer der Arbeitgeberin habe im Rahmen einer Betriebsratssitzung am 18.09.2019 zugesagt, dass die Gewerkschaftsmitglieder wie im Jahre 2017 einen erhöhten Abfindungsbetrag erhalten würden. Am 23.09.2019 habe zudem die Geschäftsführerin der NGG die Belegschaft auf einer Betriebsversammlung über diese Vereinbarung informiert und der anwesende Geschäftsführer der Arbeitgeberin habe dazu geschwiegen.

Die Arbeitgeberin bestritt mit Nachdruck, eine höhere Sozialplanabfindung für Gewerkschaftsmitglieder zugesagt zu haben.

Das Landesarbeitsgericht hat ebenso wie das erstinstanzliche Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Die Gewerkschaftsmitglieder haben selbst auf der Grundlage des Vortrags der Mitarbeiterin keinen Anspruch auf eine um den Faktor 0,1 erhöhte Sozialplanabfindung. Etwaige Erklärungen der Arbeitgeberin in der Betriebsratssitzung vom 18.09.2019 hatten sich allenfalls an den Betriebsrat gerichtet. Mangels Einhaltung der für Betriebsvereinbarungen erforderlichen Schriftform (§ 77 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG) konnte die von der Arbeitgebeirn bestrittene Zusage zu keinen Rechtsansprüchen der Beschäftigten führen. In der Äußerung der Geschäftsführerin der NGG auf der Betriebsversammlung lag keine die Beschäftigten begünstigende Gesamtzusage. Eine Gesamtzusage ist die an alle Beschäftigten des Betriebs oder einen bestimmten Teil von ihnen gerichtete ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Daran fehlt es. Der Geschäftsführer der Arbeitgeberin hatte zu dem entscheidenden Punkt geschwiegen. Darin liegt keine Willenserklärung. Es ist nicht erkennbar, dass die Geschäftsführerin der NGG als Vertreterin der Arbeitgeberin aufgetreten war und rechtsverbindliche Erklärungen für sie abgegeben hatte. Sie hatte in der Betriebsversammlung nur eigene Erklärungen abgegeben, aber nicht im Namen der Arbeitgeberin gehandelt. Auch die Voraussetzungen einer Vollmacht waren nicht gegeben.

Das LAG hat in sieben weiteren verbundenen Sachen die Klagen abgewiesen.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 29.06.2022

Aktenzeichen: 1 Sa 991/21