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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Fristlose Kündigung nach sexueller Belästigung auf Weihnachtsfeier

Fristlose Kündigung nach sexueller Belästigung auf Weihnachtsfeier

Auch auf einer betrieblichen Weihnachtsfeier gibt es keinen Freifahrtschein für sexuell belästigende Äußerungen gegenüber Kolleginnen. Es handelt sich um Verletzungen der vertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers gemäß § 7 Abs. 3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), die eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich rechtfertigen können. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist kann dem Arbeitgeber unzumutbar sein.

Ein 32jähriger Mitarbeiter war seit 2019 bei seiner Arbeitgeberin, einer kleinen Firma mit sechs Mitarbeitern und einer Mitarbeiterin, beschäftigt. Auf der Weihnachtsfeier im Dezember 2022 sammelte die Kollegin des Mitarbeiters Geld für ein Geschenk ein. Nachdem der Mitarbeiter nicht passend zahlen und die Kollegin nicht wechseln konnte, sagte der Mitarbeiter der Kollegin im Beisein anderer Kollegen: „Wir können sie ja auf den Kopf stellen und die Geldkarte durch den Schlitz ziehen.“ Die Kollegin beschwerte sich noch am gleichen Abend beim Geschäftsführer.

Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Mitarbeiter vier Tage später fristlos. Dessen Kündigungsschutzklage blieb vor dem Arbeitsgericht erfolglos. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig; der Mitarbeiter hat beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt (Aktenzeichen 6 Sa 71/23).

Auch unerwünschte Bemerkungen sexuellen Inhalts können eine sexuelle Belästigung und damit einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen, wenn sie die Würdeverletzung der betreffenden Person bezwecken oder bewirken. Gleiches gilt auch für Beleidigungen unter Arbeitnehmern, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten. Das Verhalten des Mitarbeiters stellte danach eine sexuelle Belästigung dar und war zudem schwerst beleidigend. Mit der Äußerung wird die Kollegin auf derbste Art und Weise zum Objekt sexueller Anspielung herabgewürdigt. Sie wird mit einem Objekt gleichgestellt. Es handelt sich nicht um eine bloße „Anzüglichkeit“, sondern um eine besonders krasse Form der Herabwürdigung. Die Äußerung kann nur frauenfeindlich bzw. sexistisch verstanden werden.

Es entschuldigte den Mitarbeiter nicht, dass er einen Scherz machen wollte. Eine Beleidigung und ein sexueller Übergriff werden nicht dadurch weniger intensiv, dass Kollegen darüber lachen. Im Gegenteil. Auch auf eine unmittelbare Reaktion der Kollegin kam es nicht an. Es ist nicht erforderlich, dass diese sich zeitlich unmittelbar getroffen zeigt. Das Verhalten des Opfers kann die Schwere der Äußerung nicht relativieren. Auch die Gesamtumstände der Weihnachtsfeier ändern nichts an der Bewertung. Selbst wenn dort Alkohol konsumiert wurde und eine gelöste Stimmung herrschte, macht dies die Äußerung des Mitarbeiters nicht weniger schlimm. Eine solche herabwürdigende, öffentliche Äußerung ist geeignet, das Ansehen der einzigen Kollegin unter den Kollegen und im Unternehmen unwiederbringlich zu schädigen, wenn die Arbeitgeberin darauf nicht mit der außerordentlichen Kündigung reagiert.

Eine vorherige Abmahnung war entbehrlich. Das Fehlverhalten des Mitarbeiters wog so schwer, dass eine Hinnahme durch die Beklagte ausgeschlossen war. Dies musste dem Mitarbeiter auch erkennbar sein. Er hatte sich weder entschuldigt noch wenigstens Reue gezeigt.

Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 26.04.2023
Aktenzeichen: 3 Ca 1501 e/22