Bestimmtheit eines Vollstreckungstitels auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses
„Vergleich
1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die streitgegenständliche außerordentliche Kündigung gegenstandslos ist und das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei dem Beklagten aufgrund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung aus betrieblichen Gründen vom 13.08.2023 mit Ablauf des 31.10.2023 seine Beendigung finden wird.
5. Der Beklagte stellt der Klägerin ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis aus, mit der Leistungsbewertung „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ und der Verhaltensbewertung „stets einwandfrei“, welches mit einer Dankes-, Gruß- und Wunschformel abschließt. Er wird der Klägerin das Zeugnis zusenden. Auf Wunsch erhält die Klägerin ein entsprechendes Zwischenzeugnis.“
Nachdem der Arbeitgeber kein Arbeitszeugnis erteilte, wurde auf Antrag der Mitarbeiterin die Vollstreckungsklausel erteilt und der Titel wurde durch den Gerichtsvollzieher zugestellt. Auf Antrag der Mitarbeiterin setzte das Arbeitsgericht im Oktober 2024 gegen den Arbeitgeber zur Erzwingung der Verpflichtung aus Ziff. 5 des Vergleichs ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft bis zu sechs Monaten fest. Hiergegen legte der Arbeitgeber sofortige Beschwerde ein. Das Arbeitsgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor. Der Arbeitgeber war der Ansicht, Ziff. 5 des Vergleichs sei mangels Bestimmtheit der Zwangsvollstreckung nicht zugänglich, denn der Text des Zeugnisses ergebe sich nicht aus dem Titel selbst. Die sofortige Beschwerde des Arbeitgebers hatte vor dem Landesarbeitsgericht keinen Erfolg.
Der Arbeitgeber hatte sich in Ziff. 5 des gerichtlich festgestellten Vergleichs verpflichtet, der Mitarbeiterin ein „wohlwollendes“ qualifiziertes Zeugnis, mit der Leistungsbewertung „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ und der Verhaltensbewertung „stets einwandfrei“ zu erteilen, das mit einer „Dankes-, Gruß- und Wunschformel“ abschließt. Damit war hinreichend klar, welche Leistung von dem Arbeitgeber gefordert wurde. Bei der Auslegung von Ziff. 5 des Prozessvergleichs war einerseits zu beachten, dass für den Schuldner aus rechtsstaatlichen Gründen erkennbar sein muss, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat. Andererseits erfordert u.a. das Gebot effektiven Rechtsschutzes, dass materiell-rechtliche Ansprüche effektiv, auch mit Hilfe der Zwangsvollstreckung, durchgesetzt werden können. Ausgehend hiervon enthielt Ziff. 5 des Vergleichs einen vollstreckbaren Inhalt. Dies ergab eine Auslegung des protokollierten Vergleichs nach den vorgenannten Grundsätzen unter Beachtung der gesetzlichen Regelung zum Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses nach § 109 Gewerbeordung (GewO).
Es genügt für die ausreichende Bestimmtheit, dass der Arbeitgeber ein „wohlwollendes“ Arbeitszeugnis erteilen soll. Zwar ist die Wendung unbestimmt und deshalb ein Vergleich insoweit nicht vollstreckbar; dies hindert jedoch nicht die Vollstreckbarkeit des titulierten Anspruchs auf ein qualifiziertes Zeugnis an sich, da die Wendung nur deklaratorisch das wiedergibt, was nach allgemeinen Zeugnisgrundsätzen inhaltlich von einem Zeugnis zu fordern ist; sie ist deshalb vollstreckungsrechtlich ohne Bedeutung. Der Arbeitgeber hat ein qualifiziertes Zeugnis gemäß § 109 GewO zu erteilen, das nach allgemeinen Grundsätzen auch dem Wohlwollensgebot unterliegt. Im Streitfall wurde keine „Notenstufe“ vereinbart, sondern eine Leistungsbewertung mit „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ und eine Führungsbeurteilung mit „stets einwandfrei“. Diese Kernformulierungen genügen den zwangsvollstreckungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen. Die Parteien haben klar festgelegt, welche Leistungs- und Führungsbeurteilung das Zeugnis enthalten soll. Es kann in dem Verfahren nach § 888 ZPO durch das für die Festsetzung des Zwangsgelds zuständige Prozessgericht ohne weiteres überprüft werden, ob diese Formulierungen im Zeugnis enthalten sind.