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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Ersatz von Detektivkosten nach fristloser Kündigung wegen Arbeitszeitverstößen

Ersatz von Detektivkosten nach fristloser Kündigung wegen Arbeitszeitverstößen

Der Arbeitgeber kann vom Arbeitnehmer den Ersatz notwendiger Detektivkosten verlangen, wenn sich bei der Überwachung der Verdacht auf Arbeitszeitverstöße durch den Arbeitnehmer bestätigt, die eine fristlose Kündigung nach sich gezogen haben.

Ein Mitarbeiter war seit April 2009 bei einem Verkehrsunternehmen als Fahrausweisprüfer angestellt. Im Juli 2022 wurde der Arbeitgeberin von Seiten des bei ihr tätigen Sicherheitsunternehmens zugetragen, es bestünden Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Arbeitszeiterfassung sowie die tatsächlich geleistete Arbeitszeit des Mitarbeiters. So wurde u.a. berichtet, der Mitarbeiter habe während der Arbeit Zeit im Fitness-Studio, in der Moschee, beim Friseur oder bei privaten Fotoshootings verbracht. Daraufhin beauftragte die Arbeitgeberin eine Detektei, um den Mitarbeiter überwachen zu lassen. Nach einer zunächst unregelmäßig an einzelnen Tagen erfolgten Observierung, die den Verdacht erhärten konnten, folgte eine andauernde Überwachung über einen Zeitraum von zwei Wochen. Dazu wurde auch ein GPS-Sender an dem während der Schichtzeiten genutzten Dienstfahrzeug des Mitarbeiters angebracht. Die Überwachung ergab, dass sich der Mitarbeiter während seiner Arbeitszeit mehrfach (ohne Pauseneintrag im Arbeitszeiterfassungssystem) bei seiner Freundin oder in Bäckereien/Cafés aufhielt. Mehrfach machte er längere Pausen als von ihm eingetragen wurde. Gemäß einer bei der Arbeitgeberin geltenden Betriebsvereinbarung müssen die Arbeitnehmer ihre Arbeitszeiten und Pausen korrekt erfassen.

Der Mitarbeiter wurde zu dem Vorwurf des fortgesetzten Arbeitszeitbetrugs im Beisein von Arbeitgebervertretern und des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden angehört. In der Folge kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Hiergegen erhob der Mitarbeiter Kündigungsschutzklage. Er habe keinen Arbeitszeitbetrug begangen; das Zeiterfassungssystem habe nicht zuverlässig funktioniert und er habe in der Moschee und in Bäckereien Teambesprechungen durchgeführt. Aufgrund eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und gegen sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung bestehe ein Sachvortrags- und Beweisverwertungsverbot. Es habe sich um eine unzulässige „Orwell“sche Überwachung“ gehandelt. Die Beauftragung eines Detektivs sei nicht notwendig gewesen.

Die Arbeitgeberin verlangte mit einer Widerklage die Erstattung der Detektivkosten in Höhe von rund 21.600 EUR von dem gekündigten Mitarbeiter.

Das Arbeitsgericht hatte die Kündigungsschutzklage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die Berufung des Mitarbeiters beim Landesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg.

Die außerordentliche Kündigung ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit ihrem Zugang beendet.

Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i.S.v. § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darzustellen. Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Überträgt er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllt ein Arbeitnehmer die dafür zur Verfügung gestellten Formulare wissentlich und vorsätzlich falsch aus, so stellt dies in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar. Der Arbeitnehmer verletzt damit in erheblicher Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) gegenüber dem Arbeitgeber.

Gemessen an diesen Voraussetzungen ist ein wichtiger Grund für die Kündigung des Mitarbeiters gegeben. Der Mitarbeiter hatte an verschiedenen Tagen erhebliche Pausenzeiten vorsätzlich nicht in dem Zeiterfassungssystem dokumentiert, wozu er aufgrund einer Betriebsvereinbarung und einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht verpflichtet gewesen war. Der Mitarbeiter war beispielsweise am 09.12.2022 rund 40 Minuten lang in der Wohnung seiner Freundin privaten Tätigkeiten nachgegangen, ohne dies als Pausenzeit zu erfassen. Es ist auszuschließen, dass er dort Fahrkarten kontrolliert hat. Dass er in der Wohnung eine andere Arbeitsleistung erbracht hat, war nicht ersichtlich.

Die Observation des Mitarbeiters durch die Detektei war nach § 26 Abs. 1 Satz 2 Bundsdatenschutzgesetz (BDSG) zulässig, so dass kein Beweisverbot bestand. Die Überwachung des Mitarbeiters durch Detektive, die beobachten, fotografieren und dokumentieren, sowie die Anbringung eines GPS-Senders an dem während der Schichtzeiten genutzten Dienstfahrzeug stellen zwar einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Dieser Eingriff war aber von geringer Intensität, weil er nur während seiner Schichtzeiten im öffentlichen Verkehrsraum über einen Zeitraum von wenigen Tagen erfolgt war und praktisch nur das dokumentiert wurde, was jeder beliebige Passant ebenfalls hätte wahrnehmen können. Eine von dem Mitarbeiter angeführte „Orwell“sche Überwachung“ lag mitnichten vor.

Die Arbeitgeberin hatte gegen den Mitarbeiter einen Anspruch auf Erstattung der Detektivkosten in Höhe von rund 21.600 EUR netto aus §§ 280 Abs. 1, 249 BGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitnehmer wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Insofern handelt es sich um keine Vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadensstiftenden Ereignissen als ständige Betriebsausgabe vom Arbeitgeber zu tragen sind.

Die Revision gegen das Urteil zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 11.02.2025

Aktenzeichen: 7 Sa 635/23