Entgeltfortzahlung wegen Corona-Infektion und behördlicher Absonderungsanordnung
Am 29.12.2021 erließ die Gemeinde N. eine Verfügung und ordnete für den Mitarbeiter bis zum 12.01.2022 Quarantäne in häuslicher Umgebung an. Für den Zeitraum 03.01. bis 12.01.2022 lehnte der Arzt die Ausstellung einer Folge-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit der Begründung ab, das positive Testergebnis und die Absonderungsanordnung würden zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit ausreichen.
Mit der Verdienstabrechnung für Januar 2022 nahm die Arbeitgeberin für diese Zeit vom Lohn des Mitarbeiters einen Abzug i.H.v. rund 1.000 EUR brutto vor. Mit seiner Klage verlangte der Mitarbeiter Zahlung dieses Betrags.
Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht gab ihr statt. Die Revision der Arbeitgeberin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg.
Eine SARS-CoV-2-Infektion stellt einen regelwidrigen Körperzustand und damit eine Krankheit dar, die zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Die Absonderungsanordnung ist keine eigenständige, parallele Ursache für Arbeitsunfähigkeit, vielmehr beruht das daraus resultierende Tätigkeitsverbot gerade auf der Infektion (Monokausalität). Diese ist die nicht hinwegzudenkende Ursache für die nachfolgende Absonderungsanordnung. Aufgrund der Infektion war es dem Mitarbeiter rechtlich nicht möglich, die geschuldete Arbeitsleistung im Betrieb der Arbeitgeberin zu erbringen (§ 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB).
Das Landesarbeitsgericht hat auch ohne Rechtsfehler angenommen, dass nicht mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden kann, dass das Unterlassen der empfohlenen Corona-Schutzimpfung für die SARS-CoV-2-Infektion ursächlich war. Es hat zugunsten der Arbeitgeberin unterstellt, dass die Nichtvornahme der Schutzimpfungen einen gröblichen Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen zu erwartende Verhalten darstellte (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG). Es hat jedoch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Gefahr von Impfdurchbrüchen in die Kausalitätsprüfung einbezogen. Die wöchentlichen Lageberichte des RKI und dessen Einschätzung der Impfeffektivität ließen nicht den Schluss zu, dass Ende Dezember 2021/Anfang Januar 2022 die bei dem Mitarbeiter aufgetretene Corona-Infektion durch die Inanspruchnahme der Schutzimpfung hätte verhindert werden können.
Ein Leistungsverweigerungsrecht wegen nicht vorgelegter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stand der Arbeitgeberin nicht zu (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG). Das Landesarbreitsgericht hat richtig erkannt, dass der Mitarbeiter der Arbeitgeberin durch Vorlage der Ordnungsverfügung der Gemeinde N. in anderer, geeigneter Weise nachgewiesen hat, infolge seiner Corona-Infektion objektiv an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert zu sein.