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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Duschzeiten können zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehören

Duschzeiten können zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehören

Duschzeiten gehören zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn sich der Arbeitnehmer bei seiner geschuldeten Arbeitsleistung so sehr verschmutzt, dass ihm ein Anlegen der Privatkleidung, das Verlassen des Betriebs und der Weg nach Hause ohne eine vorherige Reinigung des Körpers im Betrieb nicht zugemutet werden kann.

Ein Mitarbeiter arbeitet seit 2008 als vollzeitbeschäftigter Containermechaniker bei einer Arbeitgeberin. Neben seiner eigentlichen Arbeit, die das sog. „In-Ordnung-Bringen“ von Containern umfasst, die auf Wechselbrücken geladen werden, gehört auch – wenn erforderlich – das Abschleifen rostiger und schadhafter Stellen und eine entsprechende Nachlackierung. Nach der Arbeit begibt er sich zurück zum Umkleideraum und wäscht oder duscht sich. Die verunreinigte Arbeitskleidung lässt er auf Anweisung der Arbeitgeberin im Betrieb zur Reinigung. Danach begibt er sich zum Zeiterfassungsterminal und gibt weisungsgemäß die von der Arbeitgeberin bestimmte Uhrzeit des Endes der Schicht ein. Dann verlässt er den Betrieb.

Der Mitarbeiter verlangte von der Arbeitgeberin die Zahlung von Vergütung für Januar 2017 bis April 2022 i.H.v. rund 25.554 EUR brutto – ausgehend von zusätzlich zu vergütender Arbeitszeit von arbeitstäglich 55 Minuten für die angefallenen Wege-­, Umkleide- und Körperreinigungszeiten – und die Feststellung der entsprechenden Vergütungsverpflichtung der Arbeitgeberin für die Zukunft. Das Arbeitsgericht hatte der Klage für 359 Arbeitstage im Zeitraum von Juni 2020 bis April 2022 ausgehend von arbeitstäglich 20 Minuten vergütungspflichtiger Umkleide- und Körperreinigungszeiten i.H.v. 2.262 EUR brutto stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

Auf die Berufung des Mitarbeiters hatte das Landesarbeitsgeircht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Arbeitgeberin ausgehend von arbeitstäglich 21 Minuten vergütungspflichtiger Umkleide-, Körperreinigungs- und Wegezeiten verurteilt, an den Mitarbeiter für denselben Zeitraum 2.387 EUR brutto zu zahlen. Zudem hat es festgestellt, dass die anfallenden Umkleide- und Duschzeiten sowie die Wege vom Umkleideraum zur Arbeitsstätte des Mitarbeiters und zurück Arbeitszeit sind und als solche dem Mitarbeiter durch die Arbeitgeberin zu bezahlen sind.

Auf die Revision beider Parteien hat das Bundesarbeitsgericht das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dem Mitarbeiter seien für jeden Arbeitstag von Juni 2020 bis April 2022 Zeiten in einem Umfang von 21 Minuten zu vergüten. Für eine entsprechende Veranschlagung von Umkleide- und Körperreinigungszeiten fehlte es hier an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen. Zudem erfolgte die Schätzung der Zeiten rechtsfehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht hat zum Teil sachfremde Erwägungen und nicht bewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt. Nicht zu beanstanden war hingegen die Schätzung des Berufungsgerichts, soweit sie sich auf die Wegezeit vom Umkleideraum zum Arbeitsplatz des Mitarbeiters und zurück bezogen hatte.

Zutreffend war die Vorinstanz davon ausgegangen, dass eine Vergütung für Umkleide- und Wegezeiten gem. § 611a Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dem Grunde nach in Betracht kommt. Die innerbetrieblichen Umkleidezeiten sind schließlich vergütungspflichtige Arbeitszeit i.S.v. § 611a Abs. 2 BGB. Der Mitarbeiter hat nicht die Möglichkeit, die Arbeitskleidung am Arbeitsplatz an- und abzulegen, sondern muss dafür den räumlich getrennten Umkleideraum aufsuchen. Insofern ist der Weg, den der Mitarbeiter vom Umkleideraum zu seinem Arbeitsplatz und zurück zurücklegt, ausschließlich fremdnützig.

Doch auch Körperreinigungszeiten können zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehören, wenn sich der Arbeitnehmer bei seiner geschuldeten Arbeitsleistung so sehr verschmutzt, dass ihm ein Anlegen der Privatkleidung, das Verlassen des Betriebs und der Weg nach Hause ohne eine vorherige Reinigung des Körpers im Betrieb nicht zugemutet werden kann. Das Waschen, das erforderlich ist, um die übliche Verunreinigung, Schweiß- und Körpergeruchsbildung des Tages zu beseitigen, dient hingegen der Befriedigung privater Bedürfnisse; es ist nicht ausschließlich fremdnützig und damit nicht vergütungspflichtig.

Das Landesarbeitsgericht hatte allerdings keine konkreten Feststellungen zur Intensität der Verschmutzung des Mitarbeiters bei der Erbringung der Arbeitsleistung an einzelnen Arbeitstagen getroffen. Dies war indes erforderlich, um feststellen zu können, ob die jeweilige Körperreinigung überhaupt ausschließlich fremdnützig war. Im Rahmen der neuen Verhandlung und Entscheidung wird es – nachdem es den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen und zur Stellungnahme gegeben hat – die für eine Schätzung der Umkleide- und fremdnützigen Körperreinigungszeiten notwendigen Tatsachen unter Beachtung der Vorgaben aus dem Revisionsurteil festzustellen und dabei ggf. die angebotenen Beweise zu erheben haben.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.04.2024
Aktenzeichen: 5 AZR 212/23