Diebstahl geringwertiger Sachen kann auch bei langer Betriebszugehörigkeit fristlose Kündigung rechtfertigen
Der klagende Arbeitnehmer war seit knapp 21 Jahren bei dem beklagten Einzelhandelsunternehmen tätig, zuletzt als Filialleiter. An einem Tag nahm er einen Beutel Streusand aus der Filiale mit, ohne ihn zu bezahlen. Zwei Tage später wurde er beim Verlassen der Filiale mit unbezahlten Waren im Wert von 12,02 € angetroffen.
Der Beklagte kündigte dem Kläger, der den Vorwurf zunächst geleugnet hatte, wegen dieser Vorfälle fristlos, ohne ihn zuvor abzumahnen. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG keinen Erfolg.
Beide Gerichte haben entschieden, dass die fristlose Kündigung wirksam war. Es besteht der dringende Verdacht, dass sich der Kläger in zwei Fällen widerrechtlich im Eigentum des Beklagten stehende Sachen aneignen wollte. Hiermit hat er das während seiner langjährigen Tätigkeit aufgebaute Vertrauen in seine Rechtschaffenheit endgültig zerstört. Es kann dem Beklagten daher nicht zugemutet werden, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen.
Zu Lasten des Klägers war dabei u.a. zu berücksichtigen, dass er einen für den Verdacht wesentlichen Umstand zunächst geleugnet hatte. Dass es sich um Sachen von geringem Wert gehandelt hat, ist ohne Bedeutung.
Der Fall erinnert an den berühmten „Emmely-“ bzw. „Pfandbon“-Fall (BAG, Urt. v. 10.6.2010, Az. 2 AZR 541/09), zumal das LAG die Vorgaben des BAG zum Vertrauenskapital bei langjähriger Beschäftigung explizit aufgreift. Ein wesentlicher Unterschied zu „Emmely“ dürfte aber darin liegen, dass es sich bei der Filialleitung um eine herausgehobene Vertrauensposition handelt. Zudem belief sich der Schaden des Arbeitgebers nicht lediglich auf Cent-Beträge.
Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 10.02.2012
Aktenzeichen: 6 Sa 1845/11