Corona-Testpflicht für Arbeitnehmer
Als Orchestermusikerin sollte die Flötistin zunächst wie alle Mitarbeiter zu Beginn der Spielzeit einen negativen PCR-Test vorlegen und in der Folge weitere PCR-Tests im Abstand von ein bis drei Wochen vornehmen lassen. Die Bayerische Staatsoper bot hierfür kostenlose PCR-Tests an; alternativ konnten die Mitarbeiter PCR-Testbefunde eines von ihnen selbst ausgewählten Anbieters vorlegen. Der Flötistin wurde mitgeteilt, dass sie ohne Testung nicht an Aufführungen und Proben teilnehmen könne. Sie weigerte sich jedoch, PCR-Tests durchführen zu lassen und meinte insbesondere, diese seien zu ungenau und stellten einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit dar. Anlasslose Massentests seien unzulässig.
Daraufhin stellte der Freistaat Bayern als Arbeitgeber in der Zeit von Ende August bis Ende Oktober 2020 die Gehaltszahlungen an die Flötistin ein. Seit Ende Oktober 2020 legte die Flötistin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht PCR-Testbefunde vor.
Hiervon ausgehend war die Anweisung des beklagten Freistaats zur Durchführung von PCR-Tests nach dem betrieblichen Hygienekonzept der Bayerischen Staatsoper rechtmäßig. Die Bayerische Staatsoper hatte mit Blick auf die pandemische Verbreitung von SARS-CoV-2 mit diffusem Ansteckungsgeschehen zunächst technische und organisatorische Maßnahmen wie den Umbau des Bühnenraums und Anpassungen bei den aufzuführenden Stücken ergriffen, diese aber als nicht als ausreichend erachtet. Sie hatte sodann – auch um den Vorgaben der Sechsten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmen-Verordnung zu genügen – mit wissenschaftlicher Unterstützung durch das Institut für Virologie der Technischen Universität München und das Klinikum rechts der Isar ein Hygienekonzept erarbeitet, das für Personen aus der Gruppe der Orchestermusiker PCR-Tests alle ein bis drei Wochen vorsah. Hierdurch sollte der Spielbetrieb ermöglicht und die Gesundheit der Beschäftigten geschützt werden.
Die auf diesem Konzept beruhenden Anweisungen an die Flötistin entsprachen billigem Ermessen i.S.v. § 106 GewO. Der mit der Durchführung der Tests verbundene minimale Eingriff in die körperliche Unversehrtheit war verhältnismäßig. Auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung machte die Testanordnung nicht unzulässig, zumal ein positives Testergebnis mit Blick auf die infektionsschutzrechtlichen Meldepflichten und die Kontaktnachverfolgung ohnedies im Betrieb bekannt wurde. Da hiernach die arbeitgeberseitige Anweisung zur Umsetzung des betrieblichen Hygienekonzepts rechtmäßig war, hatte der Arbeitgeber zu Recht eingewandt (§ 297 BGB), dass Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs im streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls mit Blick auf den fehlenden Leistungswillen der Flötistin, die die Durchführung von PCR-Tests verweigert hatte, nicht bestehen.
Der auf die Bezahlung der Zeiten häuslichen Übens gerichtete Hilfsantrag war gleichfalls unbegründet. Eine Vergütung dieser Zeiten ist nur geschuldet, soweit sie auf die tarifvertraglich geregelten Dienste – Proben und Aufführungen – bezogen sind. An diesen hat die Flötistin im Streitzeitraum nicht teilgenommen.