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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Corona-Selbsttestung einer Pflegekraft ist keine vergütungspflichtige Arbeit

Corona-Selbsttestung einer Pflegekraft ist keine vergütungspflichtige Arbeit

Einer Arbeitnehmerin war es als Pflegekraft während der Corona-Pandemie untersagt, ihre Arbeit überhaupt anzutreten, bevor sie nicht einen negativen Coronatest nachweisen konnte. Damit diente die Durchführung der Tests nicht ausschließlich einem fremden Bedürfnis. Auch die Tatsache, dass die Mitarbeiterin das Testergebnis nicht nur per E-Mail, sondern auch per Post zu übersenden hatte, stellte ebenfalls keine vergütungspflichtige „Arbeit“ dar.

Eine Mitarbeiterin war vom 01.11.2020 bis zum 31.03.2022 als examinierte Gesundheits- und Kranken-/Kinderpflegerin zur Betreuung eines körperlich und geistig eingeschränkten und immungeschwächten Kindes bei einer ambulanten Kinderkrankenpflege beschäftigt. Die Mitarbeiterin betreute das Kind zu Hause und in der Schule. Im Zeitraum von Januar bis Juni 2021 führte die Mitarbeiterin auf Weisung der Arbeitgeberin insgesamt 38 Corona-Selbsttests durch und in der Zeit von Juli 2021 bis März 2022 insgesamt 57 Tests. Hierzu erhielt sie von der Arbeitgeberin Testmaterial und war gehalten, den Test auf Formularen der Arbeitgeberin zu dokumentieren. Die Mitarbeiterin desinfizierte sich vor Durchführung der Tests die Hände, wobei streitig blieb, ob die Arbeitgeberin dies angeordnet hatte.

Die Mitarbeiterin verlangte Vergütung für die insgesamt 95 durchgeführten Selbsttests und behauptete, sie habe für jeden Test eine halbe Stunde aufgewendet. Drei Minuten habe die Vorbereitung inkl. Dokumentation gedauert, weitere 20 Minuten die Durchführung und Wartezeit und weitere sieben Minuten die Nachbereitung einschließlich Dokumentation und Versendung. Sie war der Ansicht, die Testzeit sei vergütungspflichtig, weil sie wie im Fall unabdinglicher Schutzkleidung gar nicht hätte eingesetzt werden können. Die von § 28b Infektionsschutzgesetz (IfSG) vorgeschriebene Testpflicht sei eine arbeitsschutzrechtliche Norm. Die Arbeitgeberin hielt dagegen, die für die Selbsttests aufzuwendende Zeit stünde nicht lediglich im Interesse des Arbeitgebers und sei daher nicht vergütungspflichtig.

Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Zahlung der Vergütung in Höhe von. 810,35 EUR brutto abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Mitarbeiterin zurückgewiesen.

Bei den angeblich für die Selbsttests aufgewendeten Zeiten handelte es sich nicht um vergütungspflichtige Arbeitszeiten i.S.d. § 611a Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Die Arbeitgeberin hatte der Miarbeiterin nicht aufgrund ihres arbeitsvertraglichen Weisungsrechts Tätigkeiten abverlangt, die als „Arbeit“ anzusehen waren, sondern sie war staatlichen Vorgaben gefolgt, die sowohl von ihr als Arbeitgeberin auch von der Mitarbeiterin im hier relevanten Zeitraum einzuhalten waren. Der Mitarbeiterin war es in dieser Zeit untersagt, ihre Arbeit überhaupt anzutreten, bevor sie nicht einen negativen Coronatest nachweisen konnte. Damit diente die Durchführung der Tests nicht ausschließlich einem fremden Bedürfnis.

Soweit die Arbeitgeberin der Mitarbeiterin auferlegt hatte, die Testung nicht lediglich durchzuführen, sondern zu dokumentieren, entsprach dies ebenfalls den Vorgaben in der Verordnung, wonach das Testergebnis der Leitung vorzulegen war. Eine derartige Dokumentation wäre auch vorgenommen worden, wenn die Mitarbeiterin sich zu einem Testzentrum begeben hätte. Stattdessen konnte die Mitarbeiterin die Testpflicht zeit- und kostensparend bequem von zu Hause aus erfüllen, was bei weitem nicht allen Beschäftigten ermöglicht wurde. Das übersichtliche und sehr schnell auszufüllende Formular der Arbeitgeberin enthielt auch keine Weiterungen, die als ausschließlich fremdnützig anzusehen gewesen wären.

Die Tatsache, dass die Mitarbeiterin das Testergebnis nicht nur per E-Mail, sondern auch per Post zu übersenden hatte, stellte ebenfalls keine vergütungspflichtige „Arbeit“ dar. Soweit die Arbeitgeberin hier eine digitale und analoge Nachweismöglichkeit bei eventuellen Kontrollen erhielt, ohne dass derartiges verpflichtend gewesen wäre, wurde die Möglichkeit der Mitarbeiterin, ihre Freizeit eigenständig zu gestalten, hierdurch nur in einem völlig unerheblichen Maße beeinträchtigt, sodass unter Berücksichtigung von § 241 Abs. 2 BGB nach dem Rechtsgrundsatz minima non curat praetor nicht von einer vergütungspflichtigen Arbeit auszugehen war (vgl. zur Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinne das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.08.2023, Az. 5 AZR 349/22).

Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 06.09.2024

Aktenzeichen: 14 Sa 348/23