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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Bundestag beschließt besseren Schutz für hinweisgebende Personen im beruflichen Umfeld

Bundestag beschließt besseren Schutz für hinweisgebende Personen im beruflichen Umfeld

Der Bundestag hat am 16.12.2022 einen besseren Schutz hinweisgebender Personen im beruflichen Umfeld beschlossen. Die Bundesregierung will Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber („Whistleblower“) im beruflichen Umfeld künftig umfassender schützen. Für die Meldung von Verstößen im Unternehmen oder in einer Behörde sollen interne als auch externe Meldestellen eingerichtet werden. Zudem sollen Whistleblower vor beruflichen Repressalien geschützt werden.

Mit dem Entwurf soll der bislang lückenhafte und unzureichende Schutz hinweisgebender Personen ausgebaut werden, führt die Bundesregierung zur Begründung an. „Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung und Ahndung von Missständen. Allerdings gab es in der Vergangenheit immer wieder Fälle, in denen sie infolge einer Meldung oder Offenlegung von Missständen benachteiligt wurden“, heißt es darin weiter.

Änderungen im Rechtsausschuss

Wer verfassungsfeindliche Äußerungen von Beamtinnen und Beamten meldet, soll künftig unter den Hinweisgeberschutz fallen und somit vor Repressalien geschützt sein. Das soll auch für Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle gelten. Das sieht eine auf Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vom Rechtsausschuss am 14.12.1022 mehrheitlich angenommene Änderung am Gesetzentwurf vor. Danach sollen die Schutzmechanismen des geplanten Hinweisgeberschutzgesetzes auch für Meldungen von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern gelten, die sich auf „Äußerungen von Beamtinnen und Beamten, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen“, beziehen. In der Begründung beziehen sich die Koalitionsfraktionen explizit auf die Diskussion um den Umgang mit sog. „Reichsbürgern“ im öffentlichen Dienst. „Die Verfassungstreue ist insbesondere verletzt, wenn ein Beamter beispielsweise die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Abrede stellt und die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnt. Er verletzt so seine gesetzlich normierte Verfassungstreuepflicht in schwerwiegender Weise“, heißt es dort. Der Begriff der Äußerung soll nach Darstellung der Fraktionen mündliche sowie schriftliche Äußerungen etwa in Chats umfassen und auf andere Weise etwa durch Gebärden getätigte Äußerungen.Eine weitere wesentliche Änderung bezieht sich auf den Umgang mit anonymen Meldungen. Der Regierungsentwurf hatte vorgesehen, dass sich die in Unternehmen beziehungsweise öffentlichen Stellen einzurichtenden Meldestelle sowie die einzurichtenden externen Meldestellen mit anonymen Meldungen hätten beschäftigen sollen. Nun ist vorgesehen, dass sich die Meldestellen damit beschäftigen müssen. Dafür sollen die Meldestellen entsprechende Vorkehrungen treffen, um auch eine anonyme Kommunikation zwischen Hinweisgebenden und Meldestellen zu ermöglichen. Eine weitere Änderung an dem Gesetzentwurf, der den Ausschuss schließlich mit Koalitionsmehrheit gegen die Stimmen von CDU/CSU und AfD bei Enthaltung von Die Linke passierte, sieht vor, dass auch der Digital Markets Act der Europäischen Union zum sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes gehören soll. Damit wird eine entsprechende EU-Vorgabe umgesetzte. Weitere Anpassungen beziehen sich etwa auf Anreize zur Nutzung interner Meldestellen, Konzernmeldewege, die Regelung zur Einrichtung von Meldestellen kommunaler Unternehmen, Löschfristen sowie Ausnahmen im Bereich von Nachrichtendiensten. Zudem sollen Hinweisgebende, die Repressalien erleiden, auch dann eine Entschädigung in Geld verlangen können, wenn es sich nicht um einen Vermögensschaden handelt.

Hinweisgeberschutzgesetz

Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung nach eigenem Bekunden zum einen die Hinweisgeberschutz-Richtlinie der Europäischen Union umsetzen, zum anderen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Die EU-Richtlinie hätte bis zum 17.12.2021 umgesetzt werden müssen. Gegen Deutschland läuft deswegen – wie auch gegen zahlreiche andere EU-Länder – ein von der EU-Kommission angestrengtes Vertragsverletzungsverfahren.

Kernstück des Entwurfes ist ein neu zu schaffendes „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen“ (Hinweisgeberschutzgesetz, HinSchG). Dieses Gesetz soll dem Entwurf zufolge die wesentlichen Anforderungen und Verfahren an den Hinweisgeberschutz beinhalten. Danach müssen grundsätzliche alle Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine interne Meldestelle einrichten, Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitenden können dabei Meldestellen gemeinsam aufbauen. Als externe Meldestelle soll grundsätzlich das Bundesamt für Justiz dienen, für einige Bereich sind spezielle Meldestellen vorgesehen. Wie die Bundesregierung ausführt, ist der Anwendungsbereich entsprechend der Vorgaben der EU-Richtlinie weit gefasst und umfasst neben Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer auch Beamtinnen und Beamten, Anteilseignerinnen und Anteilseigner, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Lieferanten und Personen, die bereits vor Beginn eines Arbeitsverhältnisses Kenntnisse von Verstößen erlangt haben.

Interne und externe Meldestellen

Die hinweisgebende Person soll laut Entwurf wählen können, ob sie sich an eine interne oder externe Meldestelle wenden. Die Identität der hinweisgebenden Person ist in beiden Fällen grundsätzlich vertraulich zu behandeln. Meldungen sollen laut Entwurf auch anonym möglich sein. Laut Entwurfstext soll für interne Meldestellen allerdings keine Verpflichtung bestehen, „die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen“. Gleiches soll vorbehaltlich spezialgesetzlicher Regelungen auch für die externen Meldestellen gelten. In beiden Fällen sollte zudem gelten, dass die jeweilige Meldestelle „anonym eingehende Meldungen allerdings bearbeiten [sollte], soweit dadurch die vorrangige Bearbeitung nichtanonymer Meldungen nicht gefährdet wird“.

Schutzregelungen sollen in bestimmten Fällen auch greifen, wenn die hinweisgebende Person die Informationen offenlegt, sprich: den Gang an die Öffentlichkeit wählt. Das soll zum einen der Fall sein, wenn auf eine Meldung an eine externe Stelle nicht innerhalb einer bestimmten Frist mit bestimmten Folgemaßnahmen reagiert wird. Zum anderen soll eine hinweisgebende Person Informationen offenlegen dürfen, wenn sie „hinreichenden Grund zur Annahme“ hat, dass beispielsweise „der Verstoß wegen eines Notfalls, der Gefahr irreversibler Schäden oder vergleichbarer Umstände eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann“ oder „im Fall einer externen Meldung Repressalien zu befürchten sind“.

Interne Untersuchungen

Der sachliche Anwendungsbereich umfasst zahlreiche Rechtsbereiche, dazu zählen Verstöße gegen diverse EU-rechtliche Regelungen, nationales Strafrecht und bestimmte ordnungsrechtliche Regelungen, die bußgeldbewehrt sind und dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienen. Der Entwurf sieht Ausnahmen für bestimmte Meldungen vor, etwa über Informationen, „die die nationale Sicherheit oder wesentliche Sicherheitsinteressen des Staates, insbesondere militärische oder sonstige sicherheitsempfindliche Belange des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung oder Kritische Infrastrukturen im Sinne der BSI-Kritisverordnung betreffen“.

Nach einer Meldung soll die Meldestelle laut Entwurf Folgemaßnahmen ergreifen müssen. Dazu gehören unter anderem interne Untersuchungen oder die Einstellung des Verfahrens aus „Mangel an Beweisen“. Verfahren können zwecks weiterer Untersuchungen auch an eine zuständige Arbeitseinheit oder eine zuständige Behörde abgegeben werden können.

Schutz vor Repressalien

Für hinweisgebende Personen und bestimmte andere Personen gilt nach einer Meldung ein Schutz vor Repressalien beziehungsweise vor einer Drohung damit. Nach einer Meldung erfolgte „Benachteiligungen“ einer hinweisgebenden Person „im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit“ sollen laut Entwurfstext vermutet werden, dass es sich um eine Repressalie handelt. „In diesem Fall hat die Person, die die hinweisgebende Person benachteiligt hat, zu beweisen, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basierte oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruhte“, heißt es im Entwurf.

Bei einem Verstoß gegen das Verbot von Repressalien soll dem Entwurf zufolge eine Schadenersatzpflicht durch den Verursacher bestehen. Als Ordnungswidrigkeiten sollen zudem beispielsweise geahndet werden, wenn eine interne Meldestelle nicht eingerichtet oder wenn die Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und Meldestelle behindert wird. Hinweisgebende Personen sollen im Gegenzug für den Schaden aufkommen, „der aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen entstanden ist“. Zudem soll das Offenlegen unrichtiger Informationen eine Ordnungswidrigkeit darstellen.

Entschließung angenommen

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Linksfraktion nahm der Bundestag darüber hinaus eine Entschließung an. Darin fordert das Parlament die Bundesregierung u.a. dazu auf, zu prüfen, ob hinreichend gewährleistet ist, dass hinweisgebende Personen bei der Meldung von Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sowie von sonstigem erheblichen Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt, hinreichend geschützt sind und nötigenfalls entsprechende Erweiterungen des sachlichen Anwendungsbereichs auf den Weg zu bringen.

Pressemitteilung des Deutschen Bundestags vom 15.12.2022