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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Betriebsübergang setzt Wechsel der Rechtspersönlichkeit des Betriebsinhabers voraus

Betriebsübergang setzt Wechsel der Rechtspersönlichkeit des Betriebsinhabers voraus

Der bloße Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen und die Ausübung von Herrschaftsmacht über dieses Unternehmen durch ein anderes Unternehmen genügen nicht für die Annahme eines Übergangs von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- und Betriebsteilen i.S.d. EGRL 23/2001. Eine bloße Umfirmierung erfüllt die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs i.S.d. § 613 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mangels Wechsels des Betriebsinhabers nicht.

Ein Mitarbeiter war kraft schriftlichen Arbeitsvertrags vom 28.03.2013 seit dem 08.04.2013 als Sales Manager bei einer Arbeitgeberin beschäftigt. Zuletzt bezog er ein monatliches Einkommen von durchschnittlich rund 12.083 EUR brutto monatlich. Alleinige Gesellschafterin der Arbeitgeberin war die Y. Limited, deren Gesellschaftsanteile von der X., Inc., der Muttergesellschaft der Arbeitgeberin, im Februar 2021 erworben und übernommen wurden. Im Juni 2021 wurde die Firma der Arbeitgeberin im Handelsregister bei gleichbleibendem Sitz unter dem Firmennamen C. eingetragen, welche die Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits ist.

Ab Juli 2021 erhielt der Mitarbeiter, der seine Tätigkeit von seinem Wohnort aus verrichtete, Abrechnungen von der Beklagten, welche regelmäßig nicht mehr als zehn Arbeitnehmer mit Ausnahme der Auszubildenden beschäftigt. Die Beklagte erklärte gegenüber dem Mitarbeiter mit Schreiben vom 11.11.2021 eine ordentliche Kündigung des mit ihr bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 28.02.2022. Die Beklagte hat geltend gemacht, dem Mitarbeiter sei nicht wegen eines Betriebsübergangs gekündigt worden; sie habe lediglich die unternehmerische Entscheidung zur Einschränkung ihrer Tätigkeiten in Deutschland getroffen. Der Mitarbeiter war der Ansicht, die Kündigung sei nach § 613 a Abs. 3 BGB unwirksam, da es im Juni 2021 zu einem Betriebsübergang von der ursprünglichen Arbeitgeberin auf die Beklagte gekommen sei, worauf die Kündigung beruhe. Offensichtlich solle er bei der Beklagten durch günstiger arbeitende Mitarbeiter ersetzt werden. Über den Betriebsübergang sei er nicht ordnungsgemäß informiert worden.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt. Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.11.2022 hatte das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist am 28.02.2022 beendet. Die Vorinstanz hat richtig entschieden, dass die Kündigung nicht – wie vom Mitarbeiter geltend gemacht – gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam war, weil sie wegen eines Betriebsübergangs i.S.d. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ausgesprochen worden wäre. Maßgeblich für einen Betriebsübergang ist stets der Wechsel der Rechtspersönlichkeit des Betriebsinhabers. Bleibt das Rechtssubjekt des Betriebsinhabers identisch, fehlt es an einem Betriebsübergang. Damit berührt auch ein Wechsel der Gesellschafter die Identität der Gesellschaft als Rechtssubjekt nicht, so dass allein der Gesellschafterwechsel zu keinem Betriebsübergang führt (vgl. Bundesarbeitsgerichts, Urt. v. 14.08.2007, Az. 8 AZR 803/06). Der bloße Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen und die Ausübung von Herrschaftsmacht über dieses Unternehmen durch ein anderes Unternehmen genügen nicht für die Annahme eines Übergangs von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- und Betriebsteilen i.S.d. EGRL 23/2001 (Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 27.04.2017, Az. 8 AZR 859/15). Ein „Übergang“ i.S.d. EGRL 23/2001 erfordert eine Übernahme durch einen „neuen“ Arbeitgeber. Dies gilt auch für das Verständnis der Bestimmungen des nationalen Rechts, d.h. für § 613a BGB.

Hiervon ausgehend hat der Mitarbeiter auch zweitinstanzlich keinen Vortrag gehalten, der für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB sprechen könnte. Dies war auch nicht anderweitig ersichtlich. Ausweislich der Eintragung im Handelsregisterauszug der Beklagten hatte die Gesellschafterversammlung eine Änderung des Gesellschaftsvertrags und damit der Firma auf C. beschlossen. Eine derartige bloße Umfirmierung erfüllt nicht die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs i.S.d. § 613 a BGB mangels Wechsels des Betriebsinhabers. Der bloße Erwerb der Gesellschaftsanteile der alleinigen Gesellschafterin der Beklagten Y. Limited durch die X., Inc. im Februar 2021, konnte einen Betriebsübergang nicht begründen. Soweit der Mitarbeiter sich auf die offizielle „Begrüßung“ der Arbeitnehmer der Beklagten durch die Muttergesellschaft der neuen Gesellschafterin per E-Mail berufen hatte, änderte dies an den gesellschaftsrechtlichen Strukturen nichts. Die pauschale Behauptung des Mitarbeiters, die Beklagte habe die Belegschaft, das Produkt und eine wirtschaftliche Einheit übernommen, war nicht geeignet, darzulegen, dass ein Wechsel in der Rechtspersönlichkeit der Beklagten eingetreten ist.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 22.02.2023

Aktenzeichen: 6 Sa 131/22