Betriebsratsvorsitzender darf kein Datenschutzbeauftragter sein
Der Betriebsratsvorsitzende war der Ansicht, seine Rechtsstellung als betrieblicher Datenschutzbeauftragter der Arbeitgeberin bestehe unverändert fort. Die Arbeitgeberin war hingegen der Auffassung, Interessenkonflikte bei der Wahrnehmung der Aufgaben als Datenschutzbeauftragter und Betriebsratsvorsitzender ließen sich nicht ausschließen. Die Unvereinbarkeit beider Ämter stellten einen wichtigen Grund zur Abberufung des Betriebsratsvorsitzenden von seinem Amt als Datenschutzbeauftragter dar.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht hatten der Klage des Betriebsratsvorsitzenden stattgegeben. Auf die Revision der Arbeitgeberin hat das Bundesarbeitsgericht das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Solch ein wichtiger Grund liegt vor, wenn der zum Beauftragten für den Datenschutz bestellte Arbeitnehmer die für die Aufgabenerfüllung erforderliche Fachkunde oder Zuverlässigkeit i.S.v. § 4f Abs. 2 Satz 1 BDSG a.F. nicht (mehr) besitzt. Die Zuverlässigkeit kann in Frage stehen, wenn Interessenkonflikte drohen. Ein abberufungsrelevanter Interessenkonflikt ist etwa anzunehmen, wenn der Datenschutzbeauftragte innerhalb einer Einrichtung eine Position bekleidet, die die Festlegung von Zwecken und Mitteln der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat. Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Diese vom Europäischen Gerichtshof im Urteil vom 09.02.2023 (Aktenzeichen: C-453/21 – X-FAB Dresden) zu einem Interessenkonflikt i.S.v. Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO vorgenommene Wertung gilt nicht erst seit Novellierung des Datenschutzrechts aufgrund der DSGVO, sondern entsprach bereits der Rechtslage im Geltungsbereich des BDSG a.F.
Die Aufgaben eines Betriebsratsvorsitzenden und eines Datenschutzbeauftragten können demzufolge typischerweise nicht durch dieselbe Person ohne Interessenkonflikt ausgeübt werden. Personenbezogene Daten dürfen dem Betriebsrat nur zu Zwecken zur Verfügung gestellt werden, die das BetrVG ausdrücklich vorsieht. Der Betriebsrat entscheidet durch Gremiumsbeschluss darüber, unter welchen konkreten Umständen er in Ausübung seiner gesetzlichen Aufgaben welche personenbezogenen Daten vom Arbeitgeber fordert und auf welche Weise er diese anschließend verarbeitet. In diesem Rahmen legt er die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten fest.
Inwieweit jedes an der Entscheidung mitwirkende Mitglied des Gremiums als Datenschutzbeauftragter die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten des Datenschutzes hinreichend unabhängig überwachen kann, bedurfte hier keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls die hervorgehobene Funktion des Betriebsratsvorsitzenden, der den Betriebsrat im Rahmen der gefassten Beschlüsse vertritt, hebt die zur Erfüllung der Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 4f Abs. 2 Satz 1 BDSG a.F. auf.