Außerordentliche Kündigung eines Kirchenmusikers nach Verpassen einer Trauerfeier
Nicht jedes unentschuldigte Verpassen einer Trauerfeier oder eines Gottesdienstes berechtigt die Kirchengemeinde zur außerordentlichen Kündigung eines langjährig beschäftigten Kirchenmusikers. Selbst wenn das Arbeitsverhältnis bereits mit Abmahnungen vorbelastet ist, müssen diese den Themenbereich des Kündigungsvorwurfs betreffen, um eine Kündigung zu rechtfertigen.
Ein Mitarbeiter war seit mehr als 25 Jahren als Kirchenmusiker bei einer Kirchengemeinde beschäftigt. Aufgrund seiner langjährigen Beschäftigung konnte ihm nicht mehr ordentlich gekündigt werden. Im Jahr 2022 hatte er bereits drei Abmahnungen erhalten.
Im Dezember 2022 sagte der Mitarbeiter gegenüber dem Gemeindebüro verbindlich die musikalische Begleitung einer vier Tage später stattfindenden Trauerfeier zu. Noch am gleichen Tage sprach der zuständige Pastor die für die Trauerfeier vorgesehene Liederauswahl auf den Anrufbeantworter des Mitarbeiters. Dieser erschien aber nicht zur Trauerfeier und war auch telefonisch nicht erreichbar. Einer Bitte des Pastors um Rückruf kam er auch nicht nach.
Drei Tage später entschuldigte sich der Mitarbeiter per E-Mail und begründete sein Fehlen mit einem seit Tagen anhaltenden Dauereinsatz für ein Kindermusical. DieKirchengemeinde ging von vorsätzlichem Verhalten des Mitarbeiters aus und kündigte ihm mit Schreiben vom 08.02.2023 außerordentlich.
Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage des Mitarbeiters statt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Es stand nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Mitarbeiter den Termin vorsätzlich verpasst hatte. Das fahrlässige Übersehen der Trauerfeier, die fehlende Erreichbarkeit und das Verhalten im Nachhinein waren zwar gravierende Vertragsverstöße, reichten aber ohne eine vorherige thematisch einschlägige Abmahnung nicht zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung aus. Die gegenüber dem Mitarbeiter ausgesprochenen Abmahnungen bezogen sich auf ganz andere Themen und konnten deshalb nicht zur Begründung der Kündigung herangezogen werden.
Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 15.06.2023
Aktenzeichen: 6 Ca 1410/22