Angemessene Ausbildungsvergütung
Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung des Ausbildungsunternehmens zurück. Die Revision zum Bundesarbeitsgerichts wurde nicht zugelassen.
Dass sich die Höhe der Ausbildungsvergütung an der wöchentlichen Berufsausbildungszeit zu orientieren hat, hat der Gesetzgeber in § 17 Abs. 5 BBiG sowie § 17 Abs. 7 BBiG herausgestellt. Gemäß § 17 Abs. 5 BBiG kann eine prozentuale Kürzung bei Verringerung der Ausbildungsvergütung entsprechend der Verkürzung der Ausbildungszeit erfolgen. Eine Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass bei Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit die Prüfung der Angemessenheit auch an einer erhöhten Vergütung zu orientieren ist. Gleiches verdeutlicht § 17 Abs. 7 BBiG der ausspricht, dass eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung besonders zu vergüten oder durch entsprechende Freizeit auszugleichen ist.
Das Ausbildungsunternehmen konnte sich nicht darauf berufen, der Auszubildende habe unter Hinweis, dass nicht die bei der Werft übliche Ausbildungsvergütung gezahlt werden könne, sein Einverständnis mit der festgelegten Vergütung erteilt. Gemäß § 17 Abs. 4 ist nämlich eine Angemessenheit der vereinbarten Vergütung in der Regel ausgeschlossen, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20% unterschreitet. Entscheidend sind dafür allein die objektiven Umstände. Ein Einverständnis des Auszubildenden macht aus einer unangemessenen Ausbildungsvergütung keine angemessene Ausbildungsvergütung.
Das Ausbildungsunternehmen konnte sich auch nicht darauf zurückziehen, dass sie unwissentlich eine unangemessen hohe Vergütung vereinbart und gezahlt, sich auf Prüfungen der Handwerkskammer verlassen hat. Entscheidend für die Frage der Angemessenheit sind nämlich auch insoweit allein die objektiven Umstände. Auf eine Kenntnis oder einen darauf gerichteten Willen des Ausbildenden kommt es nicht an.
Die Unangemessenheit der zwischen dem Ausbildungsunternehmen und dem Auszubildenden vereinbarten Berufungsausbildungsvergütung bewirkte, dass diese Vereinbarung gemäß § 25 BBiG nichtig war. An die Stelle der vereinbarten trat die angemessene Vergütung. Weil die zwischen dem Ausbildungsunternehmen und dem Auszubildenden getroffene Reglung nichtig war, konnte sich das Ausbildungsunternehmen nicht mehr darauf berufen. Die Nichtigkeit bewirkte, dass in der Folge der Auszubildende Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen der tatsächlich gezahlten laufenden Ausbildungsvergütung und den tariflichen Sätzen hat
Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21.06.2022
Aktenzeichen: 2 Sa 251/21