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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Abmahnung eines Mitglieds der ver.di-Betriebsgruppe wegen Schmähkritik im Internet

Abmahnung eines Mitglieds der ver.di-Betriebsgruppe wegen Schmähkritik im Internet

Überschreitet eine öffentlich im Internet geäußerte Kritik nach Anlass, Kontext und Zweck die Grenze auch polemischer bzw. überspitzter Kritik, handelt sich um eine vom Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht gedeckte Schmähkritik. Eine solche Schmähkritik durch ein Mitglieds der ver.di-Betriebsgruppe ist auch nicht vom Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG erfasst.

Ein Vorstandsmitglied der ver.di-Betriebsgruppe, das bei der Freien Universität Berlin angestellt und dort freigestelltes Personalratsmitglied ist, hatte Ende Januar 2024 auf der eigenen Internetpräsenz einen Aufruf zur Teilnahme an einem Aktionstag u.a. gegen die AfD veröffentlicht. Darin hieß es aber auch über die Universität, sie halte Tarifverträge nicht ein, gliedere Tätigkeiten unterer Lohngruppen mit einem hohen Anteil migrantischer Beschäftigter aus, bekämpfe Mitbestimmung und demokratische Prozesse, und gewerkschaftliche Organisierung sei ihr ein Dorn im Auge. Damit fördere die Universität den Rechtsruck und den Aufstieg der AfD.

Die Arbeitgeberin erteilte dem Mitarbeiter daraufhin Anfang März 2024 eine Abmahnung. Zur Begründung führte sie aus, in den zitierten Passagen liege eine ehrverletzende Kritik, die eine Verletzung der Treue- und Loyalitätspflicht im Arbeitsverhältnis darstelle. Der Mitarbeiter klagte auf Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Abmahnung wegen des Aufrufs im Internet war rechtmäßig.

Es bestand ein hinreichender Bezug des Aufrufs zum Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters bei der Universität. Seine Nebenpflicht zur Rücksichtnahme im Arbeitsverhältnis hat der Mitarbeiter durch den Aufruf verletzt. Zwar konnte wegen der enthaltenen wertenden Elemente von einer Meinungsäußerung ausgegangen werden. Diese überschritt jedoch nach Anlass, Kontext und Zweck die Grenze auch polemischer bzw. überspitzter Kritik. Es handelte sich vielmehr um eine vom Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Absatz 1 GG nicht gedeckte Schmähkritik. Für die erhobenen Vorwürfe fehlten realistische Anhaltspunkte. So ist etwa die Fremdvergabe von Reinigungsarbeiten im Öffentlichen Dienst üblich.

Außerdem waren die Äußerungen auch nicht aufgrund der in Art. 9 Absatz 3 GG gewährleisteten Koalitionsfreiheit gerechtfertigt. Die Werbung zur Teilnahme an dem Aktionstag war ebenso wenig Gegenstand des abgemahnten Verhaltens wie die Äußerungen in Bezug auf die Bundesregierung. Allein die Schmähkritik bezogen auf die Universität wurde hier abgemahnt. Eine solche Schmähkritik ist nicht vom Schutzbereich des Art. 9 Absatz 3 GG erfasst.

Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 05.12.2024

Aktenzeichen: 58 Ca 4568/24