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Dr. Christopher von HarbouAllgemein Altersdiskriminierung durch Suche nach „Berufseinsteigern“ oder „Berufserfahrung bis ca. 6 Jahre“ ?

Altersdiskriminierung durch Suche nach „Berufseinsteigern“ oder „Berufserfahrung bis ca. 6 Jahre“ ?

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass durch eine Stellenanzeige, die sich an „Berufseinsteiger“ oder Juristen, die „bis ca. 6 Jahre Berufserfahrung“ besitzen, richtet, ältere Bewerber nicht mittelbar benachteiligt werden. Zu berücksichtigen sei, dass keine fixe Obergrenze der Berufserfahrung, sondern lediglich ein Circa-Wert angegeben sei. Auch Bilder mit jungen Menschen in der Stellenanzeige trügen nicht zu dem Eindruck bei, dass die Beklagte nur junge Menschen für die juristische Beratung und Begleitung sucht. Es existiere kein Erfahrungssatz, dass das Alter der in einer Stellenanzeige abgebildeten Personen stellvertretend für die gesuchte Stellenbesetzung sei.

Ein 1973 geborener Rechtsanwalt hatte sich auf eine Stellenanzeige für einen Syndikusrechtsanwalt (m/w/d) Wirtschaftsrecht beworben, die seit Dezember 2022 auf der Homepage eines Unternehmens annonciert war. In der Stellenanzeige wurde nach „Berufseinsteigern“ oder Juristen mit „bis ca. 6 Jahre Berufserfahrung“ gesucht.

Nach seiner Ablehnung verlangte der Bewerber eine Geldentschädigung i.H.v. 28.000 EUR (vier Monatsgehälter) gemäß § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Er war der Ansicht, er sei wegen seines Alters benachteiligt worden, weil die Arbeitgeberin „Berufungseinsteiger“ gesucht und als Obergrenze „ca. 6 Jahre Berufserfahrung“ festgelegt habe. Die Arbeitgeberin verwiegerte eine Zahlung und der Bewerber klagte beim Arbeitsgeicht auf Zahlung der Entschädigung.

Das Arbeitsgericht gab der Klage noch statt. Mit der Suche nach „Berufseinsteigern“ mit „bis ca. sechs Jahre(n) Berufserfahrung“ habe die Arbeitgeberin unter Anspielung auf das berufliche Anfangs-, Eingangs-, Einstiegsalter unter allenfalls erster, geringer, einschlägiger Berufserfahrung auf einen Bewerberkreis ohne Personen im bereits fortgeschrittenem und erfahrenem Berufstätigkeitsstadium abgestellt. Damit habe sie typischerweise ältere Menschen – wie den klagenden Bewerber – mittelbar ausgegrenzt. Es komme hinzu, dass im oberen Teil der Stellenanzeige neben dem Schriftzug „Mein Wert wird erkannt“ ins Auge springend noch das Konterfei einer augenscheinlich jugendlichen Person und am unteren Rand eine Vierpersonengruppe in legerer Kleidung unter der Überschrift „Lerne unser Unternehmen kennen“, abgebildet seien. Dies illustriere eine eher jüngere Belegschaft und unterstreiche noch den Eindruck, dass keine älteren Bewerber angesprochen werden sollen.

Auf die Berufung der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Der Bewerber hatte gegen die Arbeitgeberin keinen Anspruch auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG waren nicht erfüllt. Die Stellenausschreibung der Arbeitgeberin war nicht geeignet, die Vermutung i.S.v. § 22 AGG zu begründen, dass der Bewerber wegen seines Alters diskriminiert worden war. Auch die weiteren von dem Bewerber als Indizien i.S.v. § 22 AGG vorgetragenen Umstände führten zu keiner anderen Bewertung. Der Bewerber hatte damit schon keine Indizien i.S.v. § 22 AGG vorgetragen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen ließen, dass zwischen der Absage der Arbeitgeberin und seinem Lebensalter (von damals 49 Jahren) der nach § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Kausalzusammenhang bestand.

Die Arbeitgeberin hatte die Stelle nach Auffassung des Gerichts nicht entgegen § 11 AGG unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ausgeschrieben, weshalb ihre Stellenausschreibung nicht geeignet war, die Vermutung iSv § 22 AGG zu begründen, dass der Bewerber im Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde. Die Stellenanzeige der Arbeitgeberin hattre sich an „Berufseinsteiger“ oder Juristen, die „bis ca. 6 Jahre Berufserfahrung“ besitzen, gerichtet. Mit diesem Text hatte die Arbeitgeberin ältere Bewerber aus Sicht des Gerichts nicht mittelbar benachteiligt. Die Auslegung der Stellenanzeige der Arbeitgeberin ergab, dass mit der Anforderung „Du bist Berufseinsteiger oder besitzt bis ca. 6 Jahre Berufserfahrung“ nicht lediglich und auch nicht insbesondere junge Bewerber angesprochen wurden und zugleich ältere Personen ernsthaft davon abgehalten wurden, ihre Bewerbung einzureichen. Vielmehr richtete sich diese Passage der Stellenanzeige nach Auffassung des Gerichts an Bewerber jeden Alters.

Die Arbeitgeberin hatte insbesondere keine fixe Obergrenze der Berufserfahrung angegeben, sondern lediglich einen Circa-Wert. Die Arbeitgeberin listete bei der Darstellung der Aufgaben, für die der Bewerber eingestellt werden sollte, mehrere Rechtsgebiete explizit auf. Dass sich die Berufserfahrung auf diese Rechtsgebiete beziehen sollte, ergab sich aus dem Gesamtzusammenhang. Entgegen der Ansicht des Bewerbers war daher unbedeutend, dass das Wort „einschlägig“ fehlte. Es gibt insbesondere keinen Erfahrungssatz, dass diskriminierungsfreie Stellenanzeigen regelmäßig die Formulierungen „einschlägige“ Berufserfahrung oder „in den benannten Aufgabengebieten“ bzw. „Rechtsgebieten“ oder Berufserfahrung „in ähnlicher Position“ enthielten. Dass eine berufliche Erfahrung in einer auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit für den Bewerber vorteilhaft ist, versteht sich bei einer ungekünstelten Auslegung der Stellenanzeige von selbst.

Entgegen der Ansicht des erstinstanzlichen Arbeitsgerichts indizierten auch die Bilder, die sich im oberen und unteren Teil der Stellenanzeige fanden, keine mittelbare Benachteiligung des Bewerbers wegen seines Alters. Die Bilder trugen nicht zu dem Eindruck bei, dass die Arbeitgeberin nur junge Menschen für die juristische Beratung und Begleitung suchte. Die Arbeitgeberin hatte zutreffend darauf hingewiesen, dass es keinen Erfahrungssatz gibt, dass das Alter der in einer Stellenanzeige abgebildeten Personen stellvertretend für die gesuchte Stellenbesetzung ist.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 05.12.2024

Aktenzeichen:  5 SLa 81/24