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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Dienstplanmäßig vorgesehene Arbeitszeit bei Urlaub und Arbeitsunfähigkeit

Dienstplanmäßig vorgesehene Arbeitszeit bei Urlaub und Arbeitsunfähigkeit

Maßgebend für die Bestimmung des Umfangs der auf dem Arbeitszeitkonto des Beschäftigten zu berücksichtigenden Arbeitszeit bei Urlaub und Arbeitsunfähigkeit ist allein § 11 Abs. 2 UAbs. 3 des Manteltarifvertrags des Bayerischen Rotes Kreuzes. Danach ist bei Abwesenheitszeiten, die der Arbeit gleichstehen (z.B. Urlaub, Krankheit), die jeweilig dienstplanmäßig vorgesehene Arbeitszeit, die auf Grundlage der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden festzulegen ist, gutzuschreiben.

Ein Mitarbeiter ist seit Juli 1996 bei einer Arbeitgeberin als Rettungssanitäter beschäftigt. Das Bruttomonatsgehalt beträgt 2.876,35 EUR im Rahmen einer 38,5-Stunden-Woche. Für das Arbeitsverhältnis gilt der Manteltarifvertrag des Bayerischen Rotes Kreuzes (MTV). Der Mitarbeiter ist aufgrund seiner Tätigkeit verpflichtet, spezielle Schutzkleidung zu tragen. Für Schichten, bei denen der Mitarbeiter im Rahmen des Dienstplanes auf dem Krankenwagen eingeteilt worden war, wurden im streitgegenständlichen Zeitraum für Tage, an denen der Dienst durch den Mitarbeiter tatsächlich absolviert wurde, 7,7 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben. Für Schichten, bei denen der Mitarbeiter im Rahmen des Dienstplanes auf dem Rettungswagen eingeteilt wurde, wurden 8,2 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben.

An den Tagen, an denen der Mitarbeiter im streitgegenständlichen Zeitraum seinen Dienst aufgrund von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit oder wegen Urlaubs nicht tatsächlich erbracht hatte, wurden durch lediglich 7,5 bzw. 8,0 Arbeitsstunden gutgeschrieben. Auf dieser Grundlage wurden durch die Arbeitgeberin für das Jahr 2017 an 58 Tagen, im Jahr 2018 an 74 Tagen, im Jahr 2019 an 94 Tagen und im Jahr 2020 bis zum 05.06.2020 an 25 Tagen jeweils 12 Minuten zulasten des Mitarbeiters auf dessen Arbeitszeitkonto nicht berücksichtigt. Der Mitarbeiter verlangte von seiner Arbeitgeberin eine Korrektur seines Arbeitszeitkontos, die jedoch nicht erfolgte.

Der Mitarbeiter erhob Klage beim Arbeitsgericht. Er war der Ansicht, die Umkleidezeiten seien entgeltpflichtige Arbeitszeit, die Zeitgutschrift sei damit auch im Falle der Arbeitsunfähigkeit oder des Urlaubs zu gewähren. § 23 Abs. 2 MTV sei sprachlich unsauber, da das Anlegen der Schutzkleidung zweifelsfrei zur geschuldeten Arbeitsleistung gehöre.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Mitarbeiters änderte das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil ab und gab der Klage teilweise statt.

Der Mitarbeiter hat gegen die Arbeitgeberin für den geltend gemachten Zeitraum gem. § 611a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 11 Abs. 2 UAbs. 3 MTV einen Anspruch auf Gutschrift von insgesamt 10,4 Stunden auf dessen Arbeitszeitkonto für Zeiten gewährten Urlaubs und bestehender Arbeitsunfähigkeit. Im Übrigen war der geltend gemachte Anspruch infolge der tarifvertraglichen Ausschlussklausel verfallen.

Maßgebend für die Bestimmung des Umfangs der auf dem Arbeitszeitkonto des Beschäftigten zu berücksichtigenden Arbeitszeit bei Urlaub und Arbeitsunfähigkeit ist allein § 11 Abs. 2 UAbs. 3 MTV. Danach ist bei Abwesenheitszeiten, die der Arbeit gleichstehen (z.B. Urlaub, Krankheit), die jeweilig dienstplanmäßig vorgesehene Arbeitszeit, die auf Grundlage der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden festzulegen ist, gutzuschreiben. Folglich war festzustellen, dass durch die Arbeitgeberin für die streitgegenständlichen Tage grundsätzlich eine Verteilung der Arbeitszeit zu erfolgen hatte, die unter Berücksichtigung des Jahresarbeitszeitkontos (§ 11 Abs. 1 MTV) des Mitarbeiters sicherstellte, dass die wöchentliche Arbeitszeit nach § 9 Abs. 1 MTV erreicht wurde. Die von der Arbeitgeberin vorzunehmende (Rahmen-)Dienstplanung hatte daher auf Grundlage einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden zu erfolgen.

Unabhängig davon, ob die (Rahmen-)Dienstplanung der Arbeitgeberin für die streitgegenständlichen Tage im Umfang von 7,7 bzw. 8,2 Stunden erfolgte, wurde die maßgebende dienstplanmäßig vorgesehene Arbeitszeit auf dem Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters gerade nicht berücksichtigt – stattdessen wurden auf dem Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters jeweils nur 7,5 bzw. 8,0 Stunden gutgeschrieben. Die Arbeitgeberin war aber auf Grundlage der benannten tariflichen Regelungen und dessen nach Maßgabe von § 10 MTV vorgenommener Verteilung der Arbeitszeit verpflichtet, eine (Rahmen) Dienstplanung für die streitgegenständlichen Schichten von 7,7 bzw. 8,2 Stunden vorzusehen und im Fall von Urlaub und Arbeitsunfähigkeit auch auf dem Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters gutzuschreiben. Dieser Bewertung steht § 23 Abs. 2 MTV nicht entgegen. Dort ist ausschließlich geregelt, dass Beschäftigte für das An- und Ablegen der Schutzkleidung pro tatsächlich geleisteter Schicht eine Zeitgutschrift von pauschal 12 Minuten auf deren Arbeitszeitkonto zu erhalten haben. In Umsetzung dieser Regelung, die Umkleidezeiten bei der Bemessung der wöchentlichen und der jährlichen Arbeitszeit nach Maßgabe von § 9 Abs. 1 MTV gerade unberücksichtigt lässt und diese allein pauschaliert einer vergütungsrechtlichen Bewertung in Form einer Zeitgutschrift zuführt, hat die Arbeitgeberin auf dem Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters eine Verrechnung der zu erfolgenden Zeitgutschrift von 12 Minuten pro geleisteter Schicht mit der durch den Mitarbeiter tatsächlich zu leistenden Arbeitszeit (7,5 statt 7,7 bzw. 8,0 statt 8,2 Stunden) vorgenommen. Dies ändert aber nichts daran, dass die jeweilig dienstplanmäßig vorgesehene bzw. vorzusehende Arbeitszeit in Höhe von. 7,7 bzw. 8,2 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters zu berücksichtigen gewesen und auch in den Fällen der Abwesenheit durch Urlaub und Krankheit als maßgebend zu erachten ist.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Da die Entscheidung von dem Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 02.06.2017 (Az. 8 Sa 673/16) zu Lasten der Arbeitgeberin abweicht, wurde für die Arbeitgeberin die Revision zum Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) zugelassen.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 16.08.2024

Aktenzeichen: 4 Sa 339/20