Kein Schadenersatz nach DSGVO allein wegen Befürchtungen und Spannungen
„Mit Ihrem Auskunftsverlangen beeindrucken Sie niemanden. Bitte klagen Sie den Anspruch ein, wenn Ihre Mandantin meint, das Arbeitsverhältnis auf diese Weise fortsetzen zu müssen.“
Nach fristgemäßer Kündigung hat die Mitarbeiterin die verweigerte Auskunft sowie die Erteilung der geforderten Kopie im Klagewege geltend gemacht. Zudem hat sie wegen Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung auf der Grundlage von Art. 82 Abs. 1 DSGVO ein „Schmerzensgeld“ i.H.v. mind. 5.000 EUR verlangt. Sie hat behauptet, wegen der Verweigerung der Auskunft keinerlei Möglichkeit der Überprüfung der Datenverarbeitung gehabt zu haben. Dieser Kontrollverlust sei spürbar und erheblich. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Beklagte die Auskunft vor dem Hintergrund eines Konflikts zunächst vorsätzlich und böswillig verweigert habe.
Das Arbeitsgericht hat der Mitarbeiterin immateriellen Schadenersatz i.H.v. 4.000 EUR zugesprochen. Auf die Berufung der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Entscheidung im Revisionsverfahren bestätigt.
Die Mitarbeiterin hatte bereits keinen Schaden dargelegt. Das Erfordernis eines Schadens und der entsprechenden Darlegungslast der Klagepartei ist durch die jüngsten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshof (EuGH) hinreichend geklärt (vgl. hierzu Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25.04.2024, Az. 8 AZR 209/21). Danach geht aus dem Wortlaut des Art. 82 Abs. 1 DSGVO klar hervor, dass das Vorliegen eines „Schadens“ eine der Voraussetzungen für den in dieser Bestimmung vorgesehenen Schadenersatzanspruch darstellt, ebenso wie das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Verstoß, wobei diese drei Voraussetzungen kumulativ sind (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 25.01.2024, Az. C-687/21 – MediaMarktSaturn).
Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast hat der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass die Person, die auf der Grundlage von Art. 82 Abs. 1 DSGVO den Ersatz eines immateriellen Schadens verlangt, nicht nur den Verstoß gegen Bestimmungen dieser Verordnung nachweisen muss, sondern auch, dass ihr durch diesen Verstoß ein solcher Schaden entstanden ist. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können negative Gefühle („Befürchtung“) zwar einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens begründen. Das bloße Berufen auf eine bestimmte Gefühlslage reicht aber nicht aus, denn das Gericht hat zu prüfen, ob das Gefühl unter Berücksichtigung der konkreten Umstände „als begründet angesehen werden kann“ (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14.12.2023, Az. C-340/21 – Natsionalna agentsia za prihodite).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hatte die Mitarbeiterin keinen Schaden i.S.v. Art. 82 Abs. 1 DSGVO dargelegt. Sie hatte zwar ihre aus Unkenntnis der Datenverarbeitung resultierenden Befürchtungen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Solche Befürchtungen liegen bei einer nicht oder unvollständig erteilten Auskunft jedoch in der Natur der Sache. Für die Darlegung eines Schadens reicht auch die Hervorhebung besonderer Spannungen mit dem Auskunftsverpflichteten nicht aus.