Corona-Selbsttestung einer Pflegekraft ist keine vergütungspflichtige Arbeit
Die Mitarbeiterin verlangte Vergütung für die insgesamt 95 durchgeführten Selbsttests und behauptete, sie habe für jeden Test eine halbe Stunde aufgewendet. Drei Minuten habe die Vorbereitung inkl. Dokumentation gedauert, weitere 20 Minuten die Durchführung und Wartezeit und weitere sieben Minuten die Nachbereitung einschließlich Dokumentation und Versendung. Sie war der Ansicht, die Testzeit sei vergütungspflichtig, weil sie wie im Fall unabdinglicher Schutzkleidung gar nicht hätte eingesetzt werden können. Die von § 28b Infektionsschutzgesetz (IfSG) vorgeschriebene Testpflicht sei eine arbeitsschutzrechtliche Norm. Die Arbeitgeberin hielt dagegen, die für die Selbsttests aufzuwendende Zeit stünde nicht lediglich im Interesse des Arbeitgebers und sei daher nicht vergütungspflichtig.
Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Zahlung der Vergütung in Höhe von. 810,35 EUR brutto abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Mitarbeiterin zurückgewiesen.
Die Arbeitgeberin hatte der Miarbeiterin nicht aufgrund ihres arbeitsvertraglichen Weisungsrechts Tätigkeiten abverlangt, die als „Arbeit“ anzusehen waren, sondern sie war staatlichen Vorgaben gefolgt, die sowohl von ihr als Arbeitgeberin auch von der Mitarbeiterin im hier relevanten Zeitraum einzuhalten waren. Der Mitarbeiterin war es in dieser Zeit untersagt, ihre Arbeit überhaupt anzutreten, bevor sie nicht einen negativen Coronatest nachweisen konnte. Damit diente die Durchführung der Tests nicht ausschließlich einem fremden Bedürfnis.
Soweit die Arbeitgeberin der Mitarbeiterin auferlegt hatte, die Testung nicht lediglich durchzuführen, sondern zu dokumentieren, entsprach dies ebenfalls den Vorgaben in der Verordnung, wonach das Testergebnis der Leitung vorzulegen war. Eine derartige Dokumentation wäre auch vorgenommen worden, wenn die Mitarbeiterin sich zu einem Testzentrum begeben hätte. Stattdessen konnte die Mitarbeiterin die Testpflicht zeit- und kostensparend bequem von zu Hause aus erfüllen, was bei weitem nicht allen Beschäftigten ermöglicht wurde. Das übersichtliche und sehr schnell auszufüllende Formular der Arbeitgeberin enthielt auch keine Weiterungen, die als ausschließlich fremdnützig anzusehen gewesen wären.
Die Tatsache, dass die Mitarbeiterin das Testergebnis nicht nur per E-Mail, sondern auch per Post zu übersenden hatte, stellte ebenfalls keine vergütungspflichtige „Arbeit“ dar. Soweit die Arbeitgeberin hier eine digitale und analoge Nachweismöglichkeit bei eventuellen Kontrollen erhielt, ohne dass derartiges verpflichtend gewesen wäre, wurde die Möglichkeit der Mitarbeiterin, ihre Freizeit eigenständig zu gestalten, hierdurch nur in einem völlig unerheblichen Maße beeinträchtigt, sodass unter Berücksichtigung von § 241 Abs. 2 BGB nach dem Rechtsgrundsatz minima non curat praetor nicht von einer vergütungspflichtigen Arbeit auszugehen war (vgl. zur Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinne das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.08.2023, Az. 5 AZR 349/22).