Kurzarbeitergeld: Arbeitgeber trägt Risiko der verspäteten Arbeitsausfallanzeige
Der Arbeitgeber trägt das Risiko des rechtzeitigen Zugangs der Anzeige über Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit bei Postversand. Er hat die Möglichkeit der elektronischen Anzeige und der persönlichen Abgabe. Nutzt er stattdessen den weniger sicheren Übermittlungsweg per Post und überwacht sodann nicht den rechtzeitigen Eingang, so hat er die mit einem unerwartet späten Anzeigezugang verbundenen negativen Folgen für den Anspruch auf Kurzarbeitergeld selbst zu verantworten.
Ein Unternehmen, das u.a. Geldgewinnspielgeräte produziert und vertreibt, hatte am 21.o4.2020 bei der Agentur für Arbeit Herford einen Arbeitsausfall und die Reduzierung der regelmäßigen betriebsüblichen Wochenarbeitszeit auf null für 41 Beschäftigte angezeigt. Die Anzeige wurde am 23.04.2020 als Einwurf-Einschreiben zur Post gegeben; sie ging erst am 02.05.2020 bei der Arbeitsagentur ein. Diese erkannte daraufhin die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld erst ab Mai 2020 an. Das Unternehmen begehrte hingegen die Anerkennung auch für den Monat April.
Das Sozialgericht Detmold hatte die Klage des Unternehmens abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Unternehmens wurde vom Landessozialgericht zurückgewiesen.
Der Arbeitgeber trägt das Risiko des rechtzeitigen Zugangs der Anzeige über Arbeitsausfall. Nach § 99 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) III wird Kurzarbeitergeld frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige bei Agentur für Arbeit eingegangen ist. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) ist von vornherein nicht möglich, weil es sich nicht um eine gesetzliche Frist handelt.
Eine auf dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) fußende Nachsichtgewährung schied aus, denn der Gesetzgeber hat es bewusst dem Verantwortungsbereich des Arbeitgebers zugewiesen, den Eingang der Anzeige bei der Agentur für Arbeit sicherzustellen. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit der elektronischen Anzeige oder der persönlichen Abgabe. Nutzt er stattdessen den weniger sicheren Übermittlungsweg per Post und überwacht sodann nicht den rechtzeitigen Eingang, so hat er die mit einem unerwartet späten Anzeigezugang erst nach Überschreiten der Monatsgrenze verbundenen negativen Folgen für den Anspruch auf Kurzarbeitergeld selbst zu verantworten. Das galt im Falle des hier klagenden Unternehmens umso mehr als sich zu Beginn der Covid-19-Pandemie auch die Postdienstleister auf die neue, bisher unbekannte Gefährdungssituation einstellen mussten. Daher hatte sie mit einer verzögerten Postzustellung rechnen müssen.
Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 13.05.2024
Aktenezeichen: L 20 AL 201/22