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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Wartezeitkündigung eines schwerbehinderten Menschen bei fehlendem Präventionsverfahren

Wartezeitkündigung eines schwerbehinderten Menschen bei fehlendem Präventionsverfahren

Arbeitgeber sind verpflichtet, auch innerhalb der sog. sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG), §§ 173 Abs. 1, 168 Sozialgesetzbuch (SGB) IX, in denen ein schwerbehinderter Mensch noch keinen Kündigungsschutz genießt, ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchzuführen. Dies hat das Landesarbeitsgericht Köln entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur bis 2017 geltenden Vorgängernorm des § 84 SGB IX entschieden.

Ein im Jahr 1984 geborener Mitarbeiter mit einem Grad der Behinderung von 80 war seit dem 01.01.2023 im Bauhof einer Kommune beschäftigt. Am 22.06.2023 kündigte die Arbeitgeberin dem Mitarbeiter innerhalb der sechsmonatigen Wartezeit ohne zuvor ein Präventionsverfahren durchgeführt zu haben.

Das Präventionsverfahren nach §167 SGB IX stellt ein kooperatives Klärungsverfahren dar, das Arbeitgeber unter Beteiligung internen und externen Sachverstandes (insbesondere Schwerbehindertenvertretung, Integrationsamt, Rehabilitationsträger) durchführen müssen, wenn der Arbeitsplatz eines schwerbehinderten Arbeitnehmers gefährdet ist. Unterlässt der Arbeitgeber die Durchführung des Präventionsverfahrens, kann dies zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Denn in einem solchen Fall wird vermutet, dass der Arbeitgeber den schwerbehinderten Arbeitnehmer wegen des nicht durchgeführten Präventionsverfahrens diskriminiert hat.

Der Mitarbeiter klagte gegen die Wartezeitkündigung und meinte, die Kündigung sei wegen des unterlassenen Präventionsverfahrens unwirksam.  Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Auf die Berufung der Arbeitgeberin wurde die Kündigungsschutzklage vom Landesarbeitsgericht abgewiesen.

Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 21.04.2016, Az. 8 AZR 402/14) ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei auftretenden Schwierigkeiten bereits innerhalb der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses ein Präventionsverfahren durchzuführen. Die vom Bundesarbeitsgericht vorgenommene zeitliche Begrenzung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift, noch stützt eine Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen dieses Ergebnis.

Wegen der auch vom Bundesarbeitsgericht angenommenen strukturellen Probleme, ein Präventionsverfahren vor Ablauf der ersten sechs Monate („Wartezeit“) zum Abschluss zu bringen, hat das Landesarbeitsgericht für diese Sonderkonstellation aber eine Beweiserleichterung zugunsten des Arbeitgebers vorgenommen, um die Wartezeitkündigung gegenüber einem schwerbehinderten Menschen nicht faktisch vollständig auszuschließen.

Da die beklagte Kommune vorliegend jedoch widerlegen konnte, dass sie dem Mitarbeiter wegen der Schwerbehinderung gekündigt hatte, führte die Tatsache, dass hier kein Präventionsverfahren durchgeführt wurde, nicht zur Unwirksamkeit der Wartezeitkündigung des Mitarbeiters. Die Kündigungsschutzklage des Mitarbeiters wurde daher abgewiesen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt werden.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12.09.2024

Aktenzeichen: 6 SLa 76/24