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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Tarifvertrag: Kein Inflationsausgleich während der Elternzeit

Tarifvertrag: Kein Inflationsausgleich während der Elternzeit

Die Tarifvertragsparteien dürfen den Bezug von Entgelt an mindestens einem Tag als Anspruchsvoraussetzung für den Inflationsausgleich festlegen (Tarifvertrag über Sonderzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise – TV Inflationsausgleich). Während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses im Rahmen der Elternzeit der Mutter ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, da kein Entgeltanspruch besteht. Diese Differenzierung ist sachlich gerechtfertigt und stellt keine mittelbare Diskriminierung dar, weil der tarifliche Inflationsausgleich auch einen Vergütungszweck verfolgt.

Eine bei einer Kommune im Technischen Dienst beschäftigte Mitarbeiterin befand sich vom 14.06.2022 bis zum 13.04.2024 in Elternzeit. Ab dem 14.12.2023 bis zum Ende der Elternzeit arbeitete sie mit 24 Wochenstunden in Teilzeit (Vollzeit = 39 Wochenstunden). Der auf das Arbeitsverhältnis der Mitarbeiterin anzuwendende Tarifvertrag über Sonderzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise (TV Inflationsausgleich) sah im Juni 2023 einen Inflationsausgleich von einmalig 1.240 EUR und in den Monaten Juli 2023 bis Februar 2024 von monatlich 220 EUR vor. Die Arbeitgeberin zahlte der Mitarbeiterin diesen Inflationsausgleich nur für die Monate Januar und Februar 2024 i.H.v. 135,38 EUR (24/39 von 220 EUR).

Die Mitarbeiterin meinte, die tariflichen Voraussetzungen in §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 TV Inflationsausgleich, wonach an mindestens einem Tag ein Anspruch auf Entgelt bestanden haben muss, diskriminierten sie als Arbeitnehmerin in Elternzeit unzulässig wegen des Geschlechts. Es liege eine mittelbare Diskriminierung vor, weil Mütter länger in Elternzeit gingen als Väter. Diese Ungleichbehandlung sei mit dem Zweck des Inflationsausgleichs nicht vereinbar. Vielmehr sei sie in Elternzeit in besonderem Maße von den steigenden Preisen betroffen. Dem tritt die Arbeitgeberin entgegen und verweist u.a. auf die Tarifautonomie.

Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Arbeitgeberin wies das Landesarbeitsgericht die Klage ab.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts hatte die Mitarbeiterin keinen Anspruch auf Zahlung des vollen Inflationsausgleichs.

Die tarifliche Regelung verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), sondern ist wirksam. Die Tarifvertragsparteien dürfen den Bezug von Entgelt an mindestens einem Tag als Anspruchsvoraussetzung für den Inflationsausgleich festlegen. Weil das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit – ausgenommen die Teilzeittätigkeit – ruht, erfüllt die Mitarbeiterin diese Voraussetzung nicht. Sie hat keinen Entgeltanspruch.

Diese Differenzierung ist sachlich gerechtfertigt und stellt keine mittelbare Diskriminierung dar, weil der tarifliche Inflationsausgleich auch einen Vergütungszweck verfolgt. Er ist arbeitsleistungsbezogen ausgestaltet. Fehlt es daran völlig, weil nicht an einem Tag ein Entgeltanspruch besteht, besteht kein Anspruch. Soweit Beschäftigte, die Krankengeld bzw. Kinderkrankengeld beziehen, einen Inflationsausgleich erhalten, erfolgt dies aus sozialen Gründen zur Abmilderung besonderer Härten. Für diese durften die Tarifvertragsparteien andere Regelungen vorsehen als für Beschäftigte in Elternzeit. Die Inanspruchnahme einer Elternzeit ist im Regelfall planbar, die eigene oder die Erkrankung des Kindes tritt dagegen typischerweise plötzlich und unerwartet auf.

Die Mitarbeiterin hatte lediglich aufgrund ihrer Teilzeittätigkeit für den Monat Dezember 2023 Anspruch auf einen Inflationsausgleich von 220 EUR. Sie hatte in diesem Monat an einem Tag Anspruch auf Arbeitsentgelt. Für die Höhe der Inflationsausgleichsprämie ist die am ersten Tag des Bezugsmonats vereinbarte Arbeitszeit maßgeblich. Diese war am 01.12.2023 noch fiktiv 100%. Der von der Mitarbeiterin geltend gemachte Anspruch auf eine Entschädigung i.H.v. 8.000 EUR wegen unzulässiger Geschlechtsdiskriminierung (§ 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG) hatte keinen Erfolg, weil die Arbeitgeberin die Mitarbeiterin nicht wegen des Geschlechts diskriminiert hat.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14.08.2024

Aktenzeichen: 14 SLa 303/24