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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kürzerer Urlaubsanspruch bei Freistellung im Zusammenhang mit Impfpflicht

Kürzerer Urlaubsanspruch bei Freistellung im Zusammenhang mit Impfpflicht

Hat ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, der während der Geltungsdauer des vormaligen § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG a.F.) die in § 20a Abs. 1 IfSG a.F. aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllte, von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt, sind die Zeiten dieser unbezahlten Freistellung bei der Berechnung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen. Dem Arbeitnehmer steht nur ein anteilig kürzerer Urlaubsanspruch zu.

Eine bei einem Seniorenwohnheimsbetreiber als Alltagsbegleiterin beschäftigte Mitarbeiterin war im März 2022 nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft und verfügte nicht über einen Immunitätsnachweis. Medizinische Gründe, die einer Impfung entgegengestanden hätten, lagen nicht vor. Mit Schreiben vom 31.03.2022 stellte die Arbeitgeberin die Mitarbeiterin ab dem 01.04.2022 unter Verweis auf die Regelungen des IfSG a.F. frei. Die Freistellung sollte gelten, bis die Mitarbeiterin die im IfSG a.F. vorgesehenen Nachweise vorlegte, längstens bis zum 31.12.2022. Ab dem 01.09.2022 unterlag die Mitarbeiterin dann einem vom zuständigen Gesundheitsamt verfügten, ebenfalls befristeten Tätigkeitsverbot.

Die Arbeitgeberin zahlte an die Mitarbeiterin für die streitige Zeit vom 01.04. bis zum 31.08.2022 keine Vergütung. Sie meinte außerdem, der Urlaubsanspruch der Mitarbeiterin sei für jeden vollen Monat der Freistellung anteilig zu kürzen. Wegen der streitgegenständlichen fünfmonatigen Freistellung sei rechnerisch von einem um 12,5 Tage geringeren Urlaubsanspruch auszugehen, aufzurunden auf 13 Tage.

Mit ihrer Klage verlangte die Mitarbeiterin für die Zeit vom 01.04. bis zum 31.08.2022 Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs und für einen Teilzeitraum Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Außerdem beantragte sie die Feststellung, dass ihr für das Jahr 2022 weitere 13 Urlaubstage zustehen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht wiesen die Klage insgesamt ab. Die Revision der Mitarbeiterin beim Bundesarbeitsgericht hatte nur in ganz geringem Umfang Erfolg.

Ein Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall steht der Mitarbeiterin für den streitigen Zeitraum nicht zu. Der Feststellungsantrag auf das Bestehen des ungekürzten Urlaubsanspruchs hatte ebenfalls im Wesentlichen keinen Erfolg.

Die Mitarbeiterin hat keinen Anspruch auf weitere 12,5 Urlaubtage für das Jahr 2022. Die Freistellung wegen Nichterfüllung der Anforderungen des § 20a IfSG a.F. rechtfertigte eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruchs. Die aufgrund dieser Freistellung nicht geleisteten Arbeitstage sind weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. Der Erholungszweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub beruht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf der Prämisse, dass der Arbeitnehmer im Lauf des Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet hat. Etwas anderes gilt nur, wenn der Umstand, dass der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat, allein auf Entscheidungen des Arbeitgebers beruht.

So lag es hier nicht, denn zum einen setzte die Arbeitgeberin mit der Freistellung lediglich die Regelungen des IfSG a.F. um und zum anderen hätte die Mitarbeiterin ihre Tätigkeit bei Vorlage der vom Gesetz vorgesehenen Nachweise wieder aufnehmen können. Dass sie dies nicht tat, beruhte auf ihrer freien und höchstpersönlichen Entscheidung, sich nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 impfen zu lassen. Dies unterscheidet die Freistellung wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen nach § 20a Abs. 1 IfSG a.F. von anderen Fällen einer einseitigen Freistellung durch den Arbeitgeber, z.B. nach einer von ihm ausgesprochenen Kündigung während des Laufs der Kündigungsfrist.

Der Mitarbeiterin stand jedoch noch ein halber Urlaubstag aus dem Jahr 2022 zu. Für die von der Arbeitgeberin im Rahmen der Neuberechnung des Urlaubsanspruchs zu Lasten der Arbeitnehmerin vorgenommene Aufrundung besteht keine Rechtsgrundlage.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19.06.2024

Aktenzeichen: 5 AZR 167/23