Rechtsanwalt Dr. von Harbou

Vertrauen ist eine unverzichtbare Voraussetzung für eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit. Geben Sie mir die Gelegenheit, Sie von mir und meinen Fähigkeiten zu überzeugen. Gerne vereinbare ich mit Ihnen einen ersten Termin, in dem wir Ihr Anliegen besprechen und ich Sie anschließend über die rechtlichen Möglichkeiten, Erfolgsaussichten, Risiken und Kosten informiere.

Geschäftszeiten

Montag - Freitag 09:00 -18:00 Uhr
Samstag - Sonntag Geschlossen

Aktueller Rechtsblog

Top
Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Zusammenrechnung von Befristungen in einem Arbeitsverhältnis

Zusammenrechnung von Befristungen in einem Arbeitsverhältnis

Die Beschäftigung im Rahmen eines Drittmittelprojekts kann selbst dann für das nichtwissenschaftliche Personal eine Aufgabe von begrenzter Dauer darstellen, wenn der Arbeitgeber ständig Drittmittelforschung betreibt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Zusammenrechnung der befristeten Arbeitsverhältnisse ausgeschlossen, wenn das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich über 2 Jahre unterbrochen war.

Der Arbeitgeber unterhält ein Institut für Bio-Geo-Chemie. Es handelt sich um einen eigenständigen Betrieb mit ca. 230 Beschäftigten. Davon sind ca. 15 Mitarbeiter in der Verwaltung beschäftigt. Etwa 135 Wissenschaftler werden von ca. 80 Mitarbeitern nicht wissenschaftliches Personal unterstützt. Es gibt einen Betriebsrat. Eine Mitarbeiterin mit abgeschlossenem Diplom-Studium der Geografie war zunächst vom 21.05.2007 bis 31.03.2010 bei dem Arbeitgeber beschäftigt. Auf diesen Zeitraum entfielen 7 Befristungen. Vom 01.04.2010 bis 15.04.2012 bestand zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis. In dieser Zeit hatte die Mitarbeiterin ein Kind geboren und befand sich bis zum 09.01.2012 in Elternzeit. Danach war die Mitarbeiterin für weitere 9 Jahre und 2,5 Monate bei dem Arbeitgeber beschäftigt. Diesmal fielen 11 Befristungen an. Seit Mai 2013 war die Mitarbeiterin Betriebsratsmitglied und am 11.03.2020 wurde sie Betriebsratsvorsitzende. Vom 01.07.2021 bis 30.06.2022 war die Mitarbeiterin arbeitslos. Seit dem 01.07.2022 hat sie eine neue Tätigkeit.

Die Mitarbeiterin hatte am 21.07.2021 eine sog. Befristungskontrollklage beim Arbeitsgericht eingereicht und sich damit gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der letzten Befristung zum 30.06.2021 gewehrt. Sie trug vor, ihre Befristung sei willkürlich erfolgt und nicht durch einen Sachgrund gerechtfertigt. Sie sei mit Daueraufgaben beschäftigt gewesen. Die Kettenbefristung ihres Arbeitsverhältnisses halte einer Missbrauchskontrolle nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht stand. Im Zeitraum von 14 Jahren sei sie 18 mal befristet worden. Außerdem liege eine Benachteiligung i.S.d. § 78 Satz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) aufgrund ihrer Betriebsratstätigkeit vor.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 27.08.2020 war nach § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) zulässig. Sie war durch den sachlichen Grund der Vergütung der Klägerin aus Haushaltsmitteln gerechtfertigt (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG). Die weitgehende Fremdbestimmtheit durch Vorgaben des Drittmittelgebers vermag eine Befristung sachlich zu rechtfertigen, wenn sich der Arbeitgeber entschließt, die finanzierten Aufgaben nur für die Dauer der Bewilligung von Drittmitteln durchzuführen. Die Beschäftigung im Rahmen eines Drittmittelprojekts kann selbst dann für das nichtwissenschaftliche Personal eine Aufgabe von begrenzter Dauer darstellen, wenn der Arbeitgeber ständig Drittmittelforschung betreibt. Eine Kongruenz von Vertragsdauer und Befristungsgrund ist nicht erforderlich.

Die der Mitarbeiterin übertragenen Tätigkeiten stellten keine Daueraufgabe dar. Dies stand zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Arbeitgeber hatte hinreichend substantiiert dargelegt, dass die Mitarbeiterin mit unterschiedlichen Tätigkeiten beschäftigt worden war. Auch eine Missbrauchskontrolle führte nicht zur Rechtsunwirksamkeit der Befristung. Zwar lag eine Kettenbefristung vor. Die Mitarbeiterin konnte sich aber nicht mit Erfolg darauf berufen, ihr Arbeitsverhältnis habe insgesamt 14 Jahre bestanden und sei 18 mal befristet worden. Ihr Arbeitsverhältnis war vom 01.04.2010 bis 15.04.2012 über 2 Jahre unterbrochen. Bei dieser Dauer handelte es sich um einen wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 21.03.2017, Az. 7 AZR 369/15) ist eine Zusammenrechnung der befristeten Arbeitsverhältnisse ausgeschlossen.

Auch eine Missbrauchskontrolle führte nicht zur Rechtsunwirksamkeit der Befristung. Der Beschäftigungszeitraum vom 16.04.2012 bis 30.06.2021 umfasste nur 9 Jahre und 2,5 Monate. In diesem Zeitraum war das Arbeitsverhältnis insgesamt 11 mal befristet. Nach dem vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Ampelmodell (Urteil vom 26.10.2016, Az. 7 AZR 135/15) hat der Arbeitgeber damit weder die rote Ampel (10 Jahre 15 Befristungen) noch die gelbe Ampel (8 Jahre 12 Befristungen) überfahren. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht berücksichtigt, dass im Bereich der gelben Ampel der Arbeitnehmer den institutionellen Gestaltungsmissbrauch darlegen muss. Der Arbeitgeber muss dann entlastende Tatsachen vortragen. Unter Berücksichtigung der Vorträge beider Seiten stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ein institutioneller Rechtsmissbrauch nicht gegeben war.

Letztlich lag auch kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gemäß § 78 S. 2 BetrVG vor. Die Beweislast für eine Schlechterstellung trägt der Arbeitnehmer. Die Mitarbeiterin hatte den Vorwurf der Benachteiligung zwar in den Raum gestellt, hinreichend substantiierter Tatsachenvortrag aus dem sich ableiten ließ, dass die Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses auf der Amtstätigkeit der Mitarbeiterin beruhte, war jedoch nicht aus der Akte zu entnehmen.

Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 13.03.2024

Aktenzeichen: 4 Ca 490/23