Keine Entschädigung wegen rechtsmissbräuchlicher Bewerbung als Sekretärin
Das Unternehmen sagte daraufhin dem Bewerber ab, unter Hinweis darauf, dass ausschließlich eine Dame gesucht werde. Der Bewerber machte daraufhin einen Entschädigungsanspruch aufgrund einer Benachteiligung wegen seines Geschlechts geltend und forderte 7.800 EUR. Mit wörtlich gleichem Erstanschreiben bewarb sich der Bewerber daraufhin regelmäßig auf entsprechende Stellen als „Sekretärin“, so auch im vorliegenden Fall bei einer Firma in NRW. Dabei machte der Bewerber auf der Website Indeed nur wenige Angaben zu seinem Lebenslauf. Konkretere zeitliche Angaben, Nachweise zur Ausbildung/Lehre sowie zu den Unternehmen, bei welchen er tätig gewesen sein will, übermittelte der Bewerber nicht. Sodann übersandte er an die Arbeitgeberin per Post ein Anschreiben.
Der Bewerber erhielt auf seine Bewerbung von der Arbeitgeberin keine Rückmeldung. Insbesondere wurde er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Die ausgeschriebene Stelle wurde mittlerweile mit einer Frau besetzt. Der Bewerber forderte von der Arbeitgeberin eine Entschädigung von mind. 6.000 EUR.
Einem Entschädigungsverlangen nach dem AGG kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs u.a. auch dann entgegenstehen, wenn sich ein Bewerber systematisch auf eine Vielzahl von AGG-widrig ausgeschriebene Stellen als „Sekretärin“ im Sinne eines durch ihn weiterentwickelten Geschäftsmodells „2.0“ bewirbt, mit dem alleinigen Ziel, Entschädigungsansprüche nach dem AGG durchzusetzen und hierdurch seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Ein solches fortentwickeltes Geschäftsmodell kann sich – wie hier – daraus ergeben, dass ein Bewerber – aufgrund von verlorenen Entschädigungsprozessen in der Vergangenheit – gezielt ihm darin durch Gerichte vorgehaltene Rechtsmissbrauchsmerkmale bei zukünftigen Bewerbungen minimiert und die Bewerbungen entsprechend anpasst, die ebenfalls seitens der Gerichte konkret monierten, untauglichen Bewerbungsunterlagen aber bewusst und konstant auf niedrigem Niveau belässt, um bei der Stellenbesetzung selbst nicht berücksichtigt zu werden.
Es bestanden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Bewerber die Absicht verfolgt hatte, sich einen ungerechtfertigten Vorteil dadurch zu verschaffen, dass er die Voraussetzungen für einen (formalen) Status eines Bewerbers i.S.d. § 6 Abs. 1 S. 2 AGG willkürlich herbeizuführen. Einen zusätzlichen subjektiven Umstand sah das Gericht darin begründet, dass der Bewerber bis zuletzt nicht hinreichend vorgetragen hatte, welche anderen Motive, außer der Entschädigungszahlung, ihn zur Bewerbung auf die konkrete ausgeschriebene Stelle bewogen haben sollen. Unerheblich war, dass der Bewerber behauptet hat, sich im November und Dezember 2022 auch auf andere geschlechtsneutral ausgeschriebene Stellen beworben zu haben.