Anspruch auf Löschung einer Abmahnung aus der Personalakte
Der klagende Auszubildende stand im Zeitraum vom 01.09.2016 bis 30.03.2020 bei einem Fitnessstudiobetreiber in einem Ausbildungsverhältnis zum Sport- und Gesundheitstrainer sowie zum Sport- und Fitnesskaufmann. Am 05.03.2020 wurde dem Auszubildenden eine Abmahnung erteilt, die von Herrn Dr. S., Alleingesellschafter des Ausbildungsbetriebs als „Inhaber“ unterzeichnet wurde. Der Auszubildende verlangte die Rücknahme der „vorsätzlichen und rechtswidrigen Anschuldigung, dass er sich des Betrugs strafbar gemacht haben soll“. In dem Fitnessstudio in K., in dem der Auszubildende seine Tätigkeit verrichtete, befand sich ein USB-Stick des Auszubildenden. Herr Dr. S. nahm diesen USB-Stick an sich und gab ihn bis heute nicht zurück.
Im April 2020 machte der Auszubildende klageweise geltend, die Abmahnung vom 05.03.2020 sei unbegründet, weil die dort aufgeführten Beschuldigungen falsch seien. Der Auszubildende habe nicht auf seinen USB-Stick sensible Mitgliederdaten des Ausbildungsbetriebs gespeichert, dieser Stick stehe im Eigentum des Auszubildenden und der Ausbildungsbetrieb habe ihn daher an den Auszubildenden herauszugeben. Dem Auszubildenden stehe auch der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO zu. Der Auszubildende hat die Klage später erweitert um eine Schadensersatzforderung in Höhe von 5.000 EUR, auch gegen Herrn Dr. S. mit der Begründung, dieser Anspruch falle bei Verletzung von Art. 15 DSGVO pauschal an, also ohne weiteren konkreten Vortrag. Herr Dr. S. hafte hierfür, denn er sei nicht mehr Geschäftsführer, jedoch habe er alle maßgeblichen Entscheidungen getroffen und bezeichne sich selbst als „Inhaber“.
Das Arbeitsgricht wies die Klage ab. Die Berufung vor dem Landesarbeitsgericht war überwiegend erfolgreich. Die Revision wurde zugelassen.
Nach Ende des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses sind Abmahnungen für den Zweck, für den sie in der Personalakte gespeichert worden sind, grundsätzlich nicht mehr erforderlich. Da das Arbeitsverhältnis beendet ist, haben Abmahnungen, die grundsätzlich zur Rüge eines beanstandenden Verhaltens dienen und gegebenenfalls eine Warnfunktion im Hinblick auf eine drohende Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthalten keinerlei Bedeutung mehr. Insbesondere dient die Abmahnung auch nicht mehr der Geltendmachung Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen der Beklagten im Sinne des Art. 3 e DSGVO. Gesetzliche Aufbewahrungsfristen für Abmahnungen gibt es nicht.
Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO kann neben dem Arbeitgeber auch eine Person sein, die sich als „Inhaber“ eines Betriebes ausgibt und eigenverantwortliche Entscheidungen über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten trifft. Er haftet dann auf Zahlung einer Entschädigung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO mit dem Arbeitgeber gesamtschuldnerisch.
Ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach Art. 82 DSGVO setzt nicht voraus, dass ein Auskunftsanspruch ggü. dem zur Auskunftserteilung Verpflichteten im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.12.2021 (Az. 2 AZR 235/21) geltend gemacht wurde. Es reicht aus, dass der Verpflichtete erkennen kann, dass der Arbeitnehmer seine Rechte nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO geltend macht.
Wird für die Auskunftserteilung eine zu kurze Frist gesetzt, ist das Auskunftsverlangen nicht gegenstandslos, sondern die Frist für die Auskunftserteilung richtet sich nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO.
Nimmt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen diesem gehörenden USB-Stick mit persönlichen Daten weg und liest diesen aus und sichert die Daten, hat er Auskunft zu erteilen, welche Daten er ausgelesen und gesichert hat. Im Fall der Verletzung dieser Auskunftspflicht haftet er auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO.
Das Sächsische Landesarbeitsgericht (Urteil vom 31.03.2023, Az. 4 Sa 117/21) ist anderer Ansicht: Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe der Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch mehr auf Entfernung selbst einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte.