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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kein Arbeitslosengeld für Lkw-Fahrer bei fahrlässig verschuldetem Führerscheinentzug

Kein Arbeitslosengeld für Lkw-Fahrer bei fahrlässig verschuldetem Führerscheinentzug

Von grober Fahrlässigkeit im Sinne des Sperrzeitrechts ist auszugehen, wenn einem Berufskraftfahrer wegen wiederholter Verkehrsverstöße die Fahrerlaubnis entzogen wird, da diese Rechtsfolge bei einfachster Betrachtung erkennbar ist. Die irrtümliche Annahme des Arbeitslosen, ein älterer Punkt sei inzwischen verfallen, so dass der neu hinzugetretene Punkt nicht unmittelbar zum Entzug der Fahrerlaubnis führen würde, ist insoweit irrelevant.

Ein Berufskraftfahrer hatte wegen zahlreicher Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung seine Fahrerlaubnis entzogen bekommen. Daraufhin kündigte ihm sein Arbeitgeber den Job als LKW-Fahrer, den er ohne Fahrerlaubnis nicht mehr ausüben konnte. Er beantragte sodann die Gewährung von Arbeitslosengeld. Die Behörde lehnte den Antrag ab und stellte den Eintritt der Sperrzeit für 12 Wochen fest. Der Widerspruch des Arbeitslosen dagegen wurde als unbegründet zurückgewiesen. Es sei für ihn aufgrund seiner bisherigen Verkehrsverstöße erkennbar gewesen, dass bei einem weiteren Verkehrsverstoß der Verlust der Fahrerlaubnis und infolgedessen auch des Arbeitsplatzes drohe, so dass sein arbeitsvertragswidriges Verhalten als grob fahrlässig im Hinblick auf die Herbeiführung seiner Arbeitslosigkeit zu werten sei.

Der Arbeitslose klagte gegen die Sperrzeit und verteidigte sich mit dem Vortrag, er habe irrtümlich angenommen, dem Punktestand nach noch nicht kurz vor dem Führerscheinentzug gestanden zu haben, weshalb bei ihm keine Schuld für den Verlust des Arbeitsplatzes liege.

Das Sozialgericht hatte die Klage gegen den Sperrzeit-Bescheid abgewiesen. Das Landessozialgericht wies auch die Berufung des Arbeitslosen zurück. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Der Sperrzeit-Bescheid war rechtmäßig und verletzte den Arbeitslosen nicht in seinen Rechten. Die Behörde hatte zu Recht eine Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) III festgesetzt.

Berufskraftfahrer haben gegenüber ihrem Arbeitgeber die ungeschriebene arbeitsvertragliche Nebenpflicht, jegliche Verkehrsverstöße zu unterlassen, die zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen können. Wird die Fahrerlaubnis eines Berufskraftfahrers wegen eines Verkehrsverstoßes mit einem weiteren Punkt im Verkehrszentralregister geahndet und daraufhin wegen Überschreitung der Punkteschwelle die Fahrerlaubnis entzogen, war für den Arbeitslosen bei einfachster Betrachtung erkennbar, dass bei einem weiteren Verkehrsverstoß der Verlust der Fahrerlaubnis und infolgedessen auch des Arbeitsplatzes drohte, so dass von grober Fahrlässigkeit im Sinne des Sperrzeitrechts auszugehen ist.

Die irrtümliche Annahme des Arbeitslosen, ein älterer Punkt sei inzwischen verfallen, so dass der neu hinzugetretene Punkt nicht zum Entzug der Fahrerlaubnis führen würde, ist insoweit irrelevant. Ein solcher Irrtum zeigt vielmehr, dass sich der Arbeitslose der Tragweite möglicher weiterer Verstöße durchaus bewusst war, er jedoch irrig davon ausging, sich noch weitere Verstöße erlauben zu können, bevor es zur Entziehung der Fahrerlaubnis kommt. Insofern war sein Verhalten nicht von Einsicht geprägt, sein Verhalten im Straßenverkehr zu ändern, sondern belegt vielmehr das Unverständnis über den Sinn und Zweck des Punktesystems und seine grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Folgen weiterer Sorgfaltsverstöße. Zudem hätte der Arbeitslose selbst, wenn seiner Argumentation insoweit zu folgen wäre, sich zuvor bei der Fahrerlaubnisbehörde über seinen aktuellen Punktestand erkundigen können.

Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19.04.2023

Aktenzeichen: L 8 AL 1022/22