„Freizeitausgleichsansprüche“ erfasst auch Ansprüche auf Überstundenvergütung
„Der Kläger wird unwiderruflich unter Fortzahlung der Vergütung sowie unter Anrechnung auf etwaig noch offene Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses freigestellt. Die Freistellung gilt für den gesamten noch folgenden Zeitraum vom 10.9.2021 bis zum 30.6.2022.“
Eine Erledigungsklausel nahmen die Parteien in den gerichtlichen Vergleich nicht auf. Die wöchentliche Arbeitszeit des Mitarbeiters belief sich auf 37,5 Stunden. Der Mitarbeiter legte die Dauer der täglichen Arbeit in unterschiedlichem Umfang flexibel fest. Die geleisteten Arbeitszeiten wurden mittels des Programms „ATOSS“ in Form eines Schichtplans ausgewiesen.
Mit seiner Klage forderte der Mitarbeiter Abgeltung von insgesamt 553,20 Überstunden bei einem Stundenverdienst von 24,62 EUR. Er behauptete, der Arbeitgeberin sei bekannt, dass er als Marktleiter an sechs Tagen seine Arbeitsleistung nicht mit lediglich durchschnittlich 6,25 Stunden je Arbeitstag habe erbringen können. Die Arbeitgeberin habe die von ihm geleisteten Arbeitszeiten trotz Kenntnis nicht beanstandet, damit geduldet und somit auch konkludent angeordnet. Eine Vergütung der Überstunden sei – insoweit unstreitig – nicht erfolgt. Der Mitarbeiter war der Auffassung, die im Vergleich geschlossene Vereinbarung über seine Freistellung führe nicht dazu, dass ihm Ansprüche aus geleisteten Überstunden nicht mehr zustünden. Darin sei lediglich geregelt worden, dass „Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche“ auf die Freistellung angerechnet werden sollten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage im Umfang von 718,20 EUR hinsichtlich eingeforderter Fahrtkosten stattgegeben, sie im Übrigen aber abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.
Die Klage war aber auch deshalb unbegründet, weil es dem Mitarbeiter nicht gelungen war, die Leistung der behaupteten Überstunden und deren Veranlassung durch die Arbeitgeberin dazulegen. Zwar hatte der Mitarbeiter die Anzahl der von ihm geleisteten Stunden schlüssig vorgetragen. Doch fehlte es seinem Vortrag an ausreichender Substanz, soweit es darum ging, dass etwaige Überstunden von der Arbeitgeberin veranlasst worden sein sollten. Dabei ließ sich das Gericht von dem zuletzt in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.05.2022 (Aktenzeichen: 5 AZR 359/21) wiedergegebenen Grundsatz leiten, im Zivilprozess müsse derjenige, der von einem anderen etwas fordert, die Tatsachen darlegen und im Streitfall beweisen, die seinen Anspruch begründen sollen.
Zwar mag es für einen Arbeitnehmer schwierig sein, Überstundenvergütungen gerichtlich durchzusetzen. Doch liegen die Schwierigkeiten im Rahmen eines Überstundenprozesses regelmäßig darin begründet, dass bis zur gerichtlichen Geltendmachung von Überstunden über einen längeren Zeitraum hinweg abgewartet wird und keine aussagekräftigen Unterlagen zur Begründung des Anspruchs vorgelegt werden können. Bereits die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten gebietet es, dass ein Arbeitnehmer sich Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitszeiten macht, um vorzutragen zu können, auf welche Art und Weise der Arbeitgeber entstandene Überstunden veranlasst hatte.