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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Bewerbung einer nicht-binären Person als Gleichstellungsbeauftragte

Bewerbung einer nicht-binären Person als Gleichstellungsbeauftragte

Zwar kann ein Mann grundsätzlich in gleicher Weise wie eine Frau an der Gleichberechtigung von Männern und Frauen mitwirken und Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickeln. Dies gilt jedoch nicht, wenn für einen Teil der Tätigkeiten das weibliche Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung ist. Das ist etwa der Fall, wenn Gleichstellungsbeauftragte insbesondere als Ansprechpartnerin bei sexuellen Belästigungen, deren Hauptbetroffene Frauen sind, dienen.

Eine Person machte die Zahlung einer Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend, da sie wegen ihres Geschlechts zu Unrecht benachteiligt worden sei. Die Arbeitgeberin ist eine Hochschule und hatte eine Stelle als Gleichstellungsbeauftragte ausgeschrieben. Das Niedersächsische Hochschulgesetz (NHG) sieht für die Besetzung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten eine Frau vor. Die sich bewerbende Person – die sich als keinem Geschlecht zugehörig ansieht – bewarb sich hierauf und beschrieb sich in seiner Bewerbung als nicht-binäre Person. Sie wurde von der Hochschule für die Stellenbesetzung nicht berücksichtigt. Die Hochschule sah sich durch § 42 NHG schon formell an der Einstellung einer nicht weiblichen Bewerberin gehindert.

Das Gericht wies die Entschädigungsklage ab.

Die nicht binäre Person wurde zwar gegenüber weiblichen Bewerberinnen ungleich behandelt. Die Hochschule durfte den Bewerberkreis für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten allerdings im Ergebnis auf Frauen beschränken. Die Ablehnung der Bewerbung der nicht binären Person auch aufgrund ihres Geschlechts war nicht schon deshalb nach § 8 AGG zulässig, weil § 42 NHG die Besetzung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten mit einer Frau gebietet. Die gesetzliche Beschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht des Stelleninhabers führt nicht zwingend zur Rechtfertigung einer auf sie gestützten Maßnahme. Diese ist ihrerseits nur wirksam, wenn bezüglich des geregelten Sachverhalts u.a. die Vorgaben nach § 8 AGG inhaltlich erfüllt sind.

Danach ist eine unterschiedliche Behandlung u.a. wegen des Geschlechts zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Dementsprechend kann das Geschlecht nur dann i.S.d. § 8 Abs. 1 AGG eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung bilden, wenn die Tätigkeit ohne das Merkmal jedenfalls nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Abzustellen ist auf die konkret vom Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit, die sich nach dem vom Arbeitgeber festgelegten Unternehmenskonzept richtet.

Dies war vorliegend nach dem Stellen- und Aufgabenzuschnitt der Arbeitgeberin zu bejahen. Zur Erbringung eines Teils der der Gleichstellungsbeauftragten obliegenden Tätigkeiten ist das weibliche Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung. Zwar kann ein Mann grundsätzlich in gleicher Weise wie eine Frau an der Gleichberechtigung von Männern und Frauen mitwirken und Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickeln. Das galt aber nach der Stellenanzeige der Arbeitgeberin für einen erheblichen Teil der Aufgaben nicht. Nach der Stellenanzeige der Arbeitgeberin und dem beschriebenen Aufgabenbereich berät die Gleichstellungsbeauftragte u.a. Hochschulangehörige in allen Fragen der Gleichstellung, der Vereinbarkeit von Studium und Beruf mit Familien- und Care-Aufgaben sowie in Fällen von Diskriminierung, sexueller Belästigung etc. Die Gleichstellungsbeauftragte dient danach insbesondere als Ansprechpartnerin bei sexuellen Belästigungen, deren Hauptbetroffene Frauen sind. Insoweit ist davon auszugehen, dass Erwartungen Dritter, die auf deren Schamgefühl beruhen, ebenso wie die Notwendigkeit einer bestimmten Geschlechtszugehörigkeit zur Authentizität der Aufgabenwahrnehmung legitim sind und ihnen kein diskriminierender Charakter innewohnt. Gleiches gilt, wenn ein Vertrauensverhältnis zu einer bestimmten Gruppe erforderlich ist und dieses erfordert, dass der fragliche Arbeitnehmer selbst dieser Gruppe angehört, wie es der Fall ist, wenn Opfer von Diskriminierung beraten und betreut werden.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 24.02.2023

Aktenzeichen: 16 Sa 671/22