Schwerbehinderten-Prüfung vor jeder Stellenbesetzung
Jeder private und öffentliche Arbeitgeber muss vor der Besetzung einer freien Stelle unter Einschaltung der Arbeitsagentur prüfen, ob die Stelle für einen Schwerbehinderten geeignet ist. Kommt ein Unternehmen dem nicht nach, indiziert dies eine Benachteiligung aufgrund der Behinderung, wenn es einen schwerbehinderten Bewerber ablehnt.
Der Kläger ist mit einem Grad von 60 schwerbehindert. Er hat eine kaufmännische Berufsausbildung, ein FH-Studium Betriebswirtschaft und die Ausbildung zum gehobenen Verwaltungsdienst absolviert. Bei der beklagten Gemeinde bewarb er sich auf eine ausgeschriebene Stelle in den Bereichen Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt als Mutterschaftsvertretung. Die Beklagte vergab den Arbeitsplatz an einen anderen Bewerber, ohne zu prüfen, ob sie ihn mit einem Schwerbehinderten besetzen kann. Sie informierte auch nicht die Agentur für Arbeit. Der Kläger fühlte sich aufgrund seiner Behinderung benachteiligt und forderte eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Das BAG gab ihr statt. Die Pflicht zur Prüfung, ob eine freie Stelle für Schwerbehinderte geeignet ist, gilt immer und für alle Arbeitgeber, unabhängig davon, ob sich überhaupt ein schwerbehinderter Mensch beworben oder ob der Bewerber bei seiner Bewerbung seinen Schwerbehindertenstatus offenbart hat. Kommt der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, indiziert dies eine Benachteiligung wegen der Behinderung. Die Beklagte konnte hier die Vermutung nicht widerlegen. Daher verwies das BAG die Sache zurück an das LAG, damit dieses die Höhe der Entschädigung festsetzt.
Urteil des BAG vom 13.10.2011
Aktenzeichen: 8 AZR 608/10