Kündigung eines Arbeitsverhältnisses im Kleinbetrieb aus betriebsbedingten Gründen
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses im Kleinbetrieb ist nicht am Maßstab des § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auf ihre soziale Rechtfertigung zu überprüfen, denn diese Norm findet auf den Kleinbetrieb gemäß § 23 Abs. 1 KSchG keine Anwendung. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der Arbeitgeber „aus betriebsbedingten Gründen“ kündigt.
Eine Arbeitgeberin kündigte im Oktober 2021 einer seit 2020 als kaufmännische Assistentin beschäftigten Arbeitnehmerin ordentlich fristgerecht. Bei der Arbeitgeberin handelte es sich um einen Kleinbetrieb i.S.v. § 23 Abs. 1 KSchG mit nicht mehr als 10 Arbeitnehmern. Im Kündigungsschreiben erklärte die Arbeitgeberin die Kündigung des Arbeitsverhältnisses „aus betriebsbedingten Gründen“.
Die gekündigte Mitarbeiterin erhob Kündigungsschutzklage. Sie hielt die Kündigung für treu- und sittenwidrig, da die Arbeitsgericht bereits vor der Kündigung per entsprechenden Stellenausschreibungen einen Ersatz für sie (die Mitarbeiterin) gesucht habe. Damit lägen nicht die im Kündigungsschreiben genannten „betriebsbedingten Gründe“ vor. Zwar sei der Arbeitgeber in einem Kleinbetrieb nicht verpflichtet, Kündigungsgründe anzugeben. Gebe er solche allerdings wie hier an, müssten sie der Wahrheit entsprechen; anderenfalls verstoße die Kündigung gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Auch die Berufung der Mitarbeiterin vor dem Landesarbeitsgerichts blieb erfolglos. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die ordentliche, fristgerechte Kündigung war nicht am Maßstab des § 1 Abs. 2 KSchG auf ihre soziale Rechtfertigung zu überprüfen, denn diese Norm findet auf den Kleinbetrieb der Beklagten gemäß § 23 Abs. 1 KSchG keine Anwendung. Die Kündigung war entgegen der Ansicht der Mitarbeiterin nicht sittenwidrig. Der Willkürvorwurf scheidet aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt. Soweit die Mitarbeiterin behauptete, die Angabe von betriebsbedingten Gründen im Kündigungsschreiben stelle vor dem Hintergrund der Stellenausschreibungen eine Lüge dar, beruhte diese Wertung maßgeblich darauf, dass sie den Begriff der „betriebsbedingten Gründe“ mit dem der „dringenden betrieblichen Erfordernisse“ i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG gleichsetzte und damit indirekt versuchte, doch noch eine Prüfung der Kündigungsgründe am Maßstab eben dieser gesetzlichen Norm zu erreichen, die aber mangels Erfüllung der Voraussetzungen des betrieblichen Geltungsbereichs gerade keine Anwendung im Arbeitsverhältnis der Parteien fand. Die Mitarbeiterin ließ dabei außer Acht, dass „betriebsbedingt“ jenseits des Verständnisses der genannten und hier nicht einschlägigen Norm jede durch betriebliche Umstände bedingte Kündigung erfolgen kann. Damit können jegliche Änderungen im Betrieb gemeint sein; ebenso kann damit gemeint sein, dass eine Person aus Sicht des Arbeitgebers nicht mehr „in den Betrieb passt“. Einer Abgrenzung zu personenbedingten oder gar verhaltensbedingten Kündigungsgründen bedarf es außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes nicht. Die Neuausschreibung der Stelle der gekünidgten Mitarbeiterin oder jedenfalls von Stellen, deren Tätigkeitsprofil die Mitarbeiterin grundsätzlich erfüllen würde, könnte zwar einer zeitgleich erfolgenden „betriebsbedingten Kündigung“ im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 KSchG entgegenstehen, nicht aber einer Kündigung außerhalb dieses Anwendungsbereichs, die allein dadurch, dass ihre betriebsbedingten Gründe keine soziale Rechtfertigung begründen könnten, nicht willkürlich wird.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 02.08.2022
Aktenzeichen: 3 Sa 285/22