Verfall von Urlaub aus gesundheitlichen Gründen
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht wiesen die auf Resturlaub gerichtete Klage ab. Die Revision des Mitarbeiters beim Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte hinsichtlich des Resturlaubs aus dem Jahr 2014 überwiegend Erfolg.
Grundsätzlich erlöschen Urlaubsansprüche nur dann am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG), wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor durch Erfüllung sog. Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Besonderheiten bestehen allerdings, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub aus gesundheitlichen Gründen nicht nehmen konnte.
Nach bisheriger Rechtsprechung des BAG gingen die gesetzlichen Urlaubsansprüche in einem solchen Fall – bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit – ohne weiteres mit Ablauf des 31.03. des zweiten Folgejahres unter („15-Monatsfrist“). Diese Rechtsprechung hat das BAG in Umsetzung der Vorgaben des EuGH aufgrund der Vorabentscheidung vom 22.09.2022 (Az. C-518/20 und C-727/20 – [Fraport]), um die ihn das BAG durch Beschluss vom 07.07.2020 (Az. 9 AZR 401/19 (A) -) ersucht hatte, weiterentwickelt. Danach verfällt weiterhin der Urlaubsanspruch mit Ablauf der 15-Monatsfrist, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31.03. des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, seinen Urlaub anzutreten. Für diesen Fall kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist, weil diese nicht zur Inanspruchnahme des Urlaubs hätten beitragen können.
Anders verhält es sich jedoch, wenn der Arbeitnehmer – wie hier der klagende Mitarbeiter – im Urlaubsjahr tatsächlich gearbeitet hat, bevor er voll erwerbsgemindert oder krankheitsbedingt arbeitsunfähig geworden ist. In dieser Fallkonstellation setzt die Befristung des Urlaubsanspruchs regelmäßig voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in die Lage zu versetzt hat, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen.
Der für das Jahr 2014 im Umfang von 24 Arbeitstagen noch nicht erfüllte Urlaubsanspruch des Mitarbeiters konnte danach nicht allein deshalb mit Ablauf des 31.03.2016 erlöschen, weil der Mitarbeiter nach Eintritt seiner vollen Erwerbsminderung mindestens bis August 2019 aus gesundheitlichen Gründen außerstande war, seinen Urlaub anzutreten. Der Resturlaub blieb ihm für dieses Jahr vielmehr erhalten, weil die Arbeitgeberin ihren Mitwirkungsobliegenheiten bis zum 01.12.2014 nicht nachgekommen war, obwohl sie die Möglichkeit dazu hatte.