Kündigung wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft bei den Hammerskins
Das Landesarbeitsgericht Hamm hat sich mit der Kündigung eines städtischen Mitarbeiters wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft bei den Hammerskins, einer mutmaßlich konspirativen und rassistischen, nach ihrem Gedankengut teils neonazistischen Kaderorganisation, befasst und das in der Sache ergangene Auflösungsurteil bestätigt, mit dem das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung i.H.v. 30.000 EUR beendet wurde.
Ein Mitarbeiter war seit dem Jahr 2005 als Garten- und Landschaftsbauer bei der Stadt Bochum angestellt. Diese kündigte dem inzwischen 34-jährigen Mitarbeiter am 02.08.2021 fristlos und hilfsweise ordentlich zum 31.03.2022. Als Grund dafür benannte die Stadt die mutmaßliche Mitgliedschaft des Mitarbeiters in der international agierenden Vereinigung Hammerskins, Division Deutschland, Chapter Westfalen und eine dadurch bedingte Drucksituation aus der Belegschaft. Die Vereinigung wird als konspirative und rassistische, nach ihrem Gedankengut teils neonazistische Kaderorganisation mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung beschrieben und vom Verfassungsschutz beobachtet. Zu seiner Mitgliedschaft äußerte er sich der Mitarbeiter, der als technischer Sachbearbeiter im Bereich Park- und Grünanlagen eingesetzt war und dessen Arbeitsverhältnis insoweit störungsfrei verlief, nicht. Mit seiner Klage wendete er sich gegen die Kündigung.
Das Arbeitsgericht hatte die Kündigung für unwirksam erklärt, das Arbeitsverhältnis jedoch auf Antrag der Stadt durch rechtsgestaltendes Auflösungsurteil zum 31.03.2022 gegen Zahlung einer Abfindung i.H.v. 30.000 EUR beendet. Die hiergegen gerichtete Berufung beider Parteien hatte vor dem Landesarbeitsgericht keinen Erfolg. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.
Eine bloße Mitgliedschaft des Mitarbeiters bei den Hammerskins schien mit Blick auf seine konkreten Arbeitsaufgaben und mangels entsprechender Äußerungen im oder Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis nicht ausreichend für eine Kündigung. Auch die als weiterer Kündigungsgrund bemühte Drucksituation war nach Grad und Ausprägung im Einzelfall noch nicht kündigungsrelevant. Allerdings war dem Mitarbeiter vorzuhalten, dass sein bzw. das ihm zuzurechnende Verhalten im Prozess die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die beklagte Stadt gleichwohl unzumutbar machte. Der Mitarbeiter hatte der Stadt im Kontext der Kündigung vorausgehender Gespräche über die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsauflösung wiederholt vorgeworfen, mit den dort angedachten Vorschlägen über zeitlich befristete Ausgleichszahlungen einen Betrug zu Lasten anderer öffentlicher Kassen angeregt zu haben. Dies geschah sachlich zu Unrecht und ohne erkennbaren Bezug zu einer zulässigen Verteidigung gegen die Kündigungen. Eine dem Beschäftigungszweck dienliche Zusammenarbeit war danach nicht mehr zu erwarten.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 06.12.2022
Aktenzeichen: 17 Sa 139/22